11.09.2002 18:52
"Designs für die wirkliche Welt"
Ausstellung in der Generali Foundation zu Gestaltung zwischen Utopie und
Verantwortung
Wien - Mit der Gestaltung, manchmal der Umwälzung der
Lebenswelt durch Design-Ideen und Masterpläne setzt sich die Ausstellung
"Designs für die wirkliche Welt" in der Generali Foundation in Wien auseinander.
Anhand der Arbeiten von vier Künstlern - Krzysztof Wodiczko, Florian Pumhösl,
Marjetica Potrc und Azra Aksamija - versucht die Schau eine "exemplarische
Vorstellung dieses komplexen Themas" zwischen utopischen und ökologischen
Designvorstellungen, urbanen Konfliktpunkten, "Social Engineering" und der Frage
nach der Verantwortung der Künstler, schilderte Kuratorin Sabine Breitwieser am
Mittwoch bei der Pressepräsentation.
"Utopische"
Gedanken
Die Ausstellung greife die "utopischen" Gedanken der
Künstler auf, die ab den 1960ern die Möglichkeiten des konkreten Einflusses auf
die Gestaltung der Städte erörterten.
Aksamijas Arbeit "Arizona Road"
setzt sich mit dem "wohl einzigen offiziell gegründeten Schwarzmarkt der Welt"
auseinander, der von den SFOR-Schutztruppen 1997 an der wichtigsten
Nord-Süd-Achse Bosnien-Herzegowinas ins Leben gerufen wurde und von dem
mittlerweile 30.000 Menschen leben. Gegen schon beschlossene Pläne, diesen Markt
und seine gewachsenen quasi-städtischen Strukturen durch ein Shopping-Center vom
Reißbrett zu ersetzen, schlägt die Architektin Aksamija vor, mit unter anderem
einer "Provokateurstange" zu intervenieren. Diese bietet Werbemöglichkeiten,
Licht und Anschlüsse für Strom und Wasser - und damit die Möglichkeit, dass neue
Geschäfte entstehen.
"Überlebensökonomie"
Mit seinen
"Homeless Vehicles" stellt der 1943 in Polen geborene, am Massachusetts
Institute of Technology (MIT) lehrende Wodiczko der sozialen Randgruppe ein
"Straßengerät" zur Verfügung, das Grundbedürfnisse der "Überlebensökonomie" wie
Wohnen, Schlafen und Waschen berücksichtigt. In seiner Arbeit "Tijuana
Projection" werden die Erzählungen der persönlichen Erlebnisse der weiblichen
Bevölkerung einer Grenzstadt zwischen Mexiko und den USA durch großflächige
Projektion öffentlich gemacht.
Potrc rekonstruierte ein "Rural Studio"
des Architekten Samuel Mockbee, das die Wohnbedürfnisse der armen Bevölkerung
des amerikanischen Südens berücksichtigt, in dem beispielsweise im eigens
geformten Dach Regenwasser gesammelt wird.
"Entliehener"
Titel
Der Titel der Schau ist dem Buch "Designs for the Real World"
(1969) von Victor Papanek "entliehen", so Breitwieser. Papanek, der in seinen
Designs Ökologie, Ökonomie und Nachhaltigkeit ins Zentrum des Entwurfsprozesses
stellte, setzte unter anderem mit der Entwicklung eines Konservenbüchsenradios,
das unabhängig vom Stromnetz funktionsfähig ist, in den sechziger Jahren neue
Designstandards.
In Pumhösl Projekt "on or off earth" aus dem Jahr 1996
finden sich "fragmentierte" modellhafte Nachbauen von Entwürfen Papaneks, die
durch zitierende und kommentierende Texte begleitet werden. Er versuche,
"Papanek dadurch gerecht zu werden, aus den Designideen die dahinter stehenden
politischen Ideen herauszukonstruieren", so Pumhösl. (APA)