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Kunstberichte
Ausstellung: Tina Modotti

Vom Filmstar zur Revolutionärin

Politische Bilder: Modottis "Frau mit Fahne", um 1928. 
Foto: Galerie Bilderwelt, Berlin

Politische Bilder: Modottis "Frau mit Fahne", um 1928. Foto: Galerie Bilderwelt, Berlin

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Sie führte ein Leben, das wie ein Roman anmutet, und war nach kurzer Karriere als Filmschauspielerin Fotografin von Beruf: Tina Modotti wurde vom Arbeiterkind aus Udine zum US-Stummfilmstar und zur Jeanne d’Arc revolutionärer Bewegungen. Aus den Vereinigten Staaten kam sie 1923 nach Mexiko, über Berlin und Moskau dann als Krankenschwester in den spanischen Bürgerkrieg. Am Ende ihres kurzen Lebens hatte die Politik die Oberhand über die Kunst gewonnen. 1930 aus Mexiko ausgewiesen, durfte sie zehn Jahre später allerdings doch noch in ihre Wahlheimat zurückkehren.

Als Mitglied der kommunistischen Partei und Internationalen Roten Hilfe stand Modotti mehrfach unter Verdacht, an Polit-Morden und Umstürzen beteiligt gewesen zu sein. 1929 wurde ihr kubanischer Freund Antonio Mella erschossen, 1930 der mexikanische Präsident Ortiz Rubio. Selbst in den Mordfall Leo Trotzkis 1940 wurde sie als vermeintliche Sowjet-Agentin hineingezogen.

Nun zeigt das KunstHaus Wien eine Ausstellung über die abenteuerliche Künstlerin, deren Lebensweg auch zwei Berührungspunkte mit Österreich kennt: Modottis Vater arbeitete in Ferlach, bevor die Familie 1906 nach New York auswanderte. Und 1933 geriet Modotti mit ihrem letzten Begleiter, dem italienischen Kommunisten Vittorio Vidali, als Unterstützerin des Schutzbunds zwischen Bürgerkriegsfronten.

Geheimnisvolle Schöne mit Engagement

Einem deutschen Anarchisten, der unter dem Pseudonym B. Traven schrieb, hinterließ sie einen Film über die Wandgemälde des mexikanischen Revolutionsmalers Diego Rivera, der nun im KunstHaus einen eigenen Themenkreis bildet.

Die Schau führt thematisch nicht nur den Weg aus einer intellektuellen Oberschicht zum Engagement für arme Bevölkerungsgruppen vor Augen, von Stillleben und Porträts hin zur engagierten Kunst – auch die Künstlerin selbst ist in Aufnahmen ihrer teils berühmten Kollegen zu sehen: Mit Frida Kahlo ist sie in einem Gemälde verewigt, Edward Westons Akt-Fotografien, dabei seine berühmte "Weiße Iris" von 1921, zeigen eine geheimnisvolle Schöne.

1919 lernte Modotti in Los Angeles den bekannten Fotografen kennen; er wurde ihr Lehrmeister und Geliebter. In Tacubaya und Mexiko City lebten sie bis 1926 zusammen, stellten gemeinsam aus. In Berlin und Moskau dann ohne Aufträge, soll die Künstlerin ihre Kamera weggeworfen haben.

Modottis ungeklärtes Ende in einem Taxi in Mexiko City nach einem Besuch bei dem Bauhausdirektor Hannes Meyer und der Run des Kunstmarkts auf ihre Fotos ab 1990 schüren die Legendenbildung weiter.

Aufzählung Ausstellung

Tina Modotti
Andreas Hirsch (Kurator)
KunstHaus Wien
http://www.kunsthauswien.com
bis 7. November

Printausgabe vom Freitag, 09. Juli 2010
Online seit: Donnerstag, 08. Juli 2010 18:03:00

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