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02.11.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Raum aktueller Kunst: Komponiert - Dreizehnzwei: Konstruiert

kunstraum

Eine geometrisch-strukturelle Zielsetzung, eine einfache Bildkonstruktion und kontrollierbare Formensprache, die Erforschung von Farbgesetzen und die rhythmische Anordnung der Bildelemente auf der Oberfläche. So formulierte die klassische Moderne die Anliegen der konkreten Malerei. Christian Hutzinger kommt dem allemal nach, distanziert sich aber gleichzeitig von der formalen Strenge, mit der die Systematiker der konkreten Kunst versucht hatten, Stabilität und Ordnung ins Bild zu bringen. Da purzeln einzelne Farbbausteine von einem Gestänge herab. Dort sind es bunte Kugeln, die im gemalten Standbild Bewegung suggerieren (4000-8500 €). Alles scheint von einer Schwerelosigkeit bestimmt. Auch die an Stillleben erinnernden Arrangements in Hutzingers Collagen entziehen sich jeglicher Bodenhaftung. Selten gelingt es Künstlern, mit derart spielerischer Leichtigkeit herkömmliche Formalismen und das Regelwerk klassischer Bildkompositionen zu konterkarieren. Es tut daher gut, Hutzingers Arbeit wieder einmal in größerem Umfang zu sehen. Eine Neuentdeckung macht man im Untergeschoß der Galerie: Johannes Vogl hat dort seine kurios zusammengebastelte Gold-Impfmaschine (5500 €) installiert und erzählt damit von kriminellen Minenbesitzern, die aus Profitgier einst Goldnuggets in ihre erschöpften Minen schossen. (Bis 25. 11., Eschenbachgasse 11, Wien 1)

Dreizehnzwei: Konstruiert

Wenn Katarina Matiasek das Motiv einer Alge inszeniert, dann ist das mehr als eine Referenz auf das erste Fotobuch der Welt aus 1843. "Photographs of British Algae: Cyanotype Impressions" ist dessen Titel und Anna Atkins seine Urheberin. In ihrem Animationsvideo "Specimen" spielt die Künstlerin anhand dieses Sujets auf verschiedene fotografische Verfahren an. Das Dargestellte verwandelt sich stetig: vom fotografischen Blaudruck, der Cyanotopie, in Schwarz-Weiß hin zu Farbnegativ und C-Print. Die Transformationen stehen symbolisch für Übergeordnetes: Das Bild, das wir uns von den Dingen machen, ist kein verbindliches. Wirklichkeit ist keine feste Größe, sondern eine Frage des Standpunkts und der verfügbaren Mittel. So zeigt sich auch in Matiaseks Digitaldruck von einem Landschaftspanorama die Realität nur in Teilen. Wie eine Maske legt sich hier der Layoutraster eines Manga-Comics über die Aufnahme, splittet das Gesamte in Einzelbilder und legt so eine erzählerische, interpretierende Lesart nahe. Auch Stefan Lux' Videos verdanken sich der äußeren Realität. Durch Manipulation sind sie von einer Abbildhaftigkeit aber völlig entkoppelt und daher vielmehr als visuelle Experimente zu verstehen. Ihn interessiert, das Kausalitätsprinzip der Naturwissenschaften zu hinterfragen. So wird das Wehen einer Baumkrone im Wind in der Animation "6 Minuten" zum autonomen Tanz einzelner Astgabeln. Und auch der Vorgang in "Ablauf" lässt keinen unmittelbaren Zusammenhang von Ursache und Wirkung erkennen. Denn nur scheinbar stammt das auf dem Monitor zu sehende Liniengewirr von dem schattenhaften Fleck, der sich wie ein befremdliches organisches Irgendetwas im Bildraum bewegt. (Bis 11. 11., Lambrechtgasse 13/2, Wien 4) Manisha Jothady

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