Salzburger Nachrichten am 30. September 2005 - Bereich:
Kultur
Lügen und Intrigen Der Rücktritt des Rektors
polarisiert die Professoren der Universität Mozarteum: Die einen sind für,
die anderen gegen Roland Haas, der Ende 2005 resigniert. HEDWIG
KAINBERGERCLEMENS PANAGL
HEDWIG KAINBERGERCLEMENS PANAGL SALZBURG (SN). Der Versuch, den
vorzeitigen Abschied von Rektor Roland Haas aus der Universität Mozarteum
als einvernehmlich darzustellen, ist am Donnerstag gescheitert. Haas gab
per Presseaussendung bekannt, alle "während der Sommerferien gegen mich
lancierten Vorwürfe" seien gegenstandslos. Uneinigkeit in den Gremien und
fehlendes Vertrauen hätten ihn veranlasst, den "Rücktritt als Rektor zum
31. 12. 2005 zu erklären". Am Abend zuvor hatte Haas alle Mitglieder der Uni zu einer
Vollversammlung eingeladen. Haas' Gegner waren fern geblieben, so dass
Studenten und Sympathisanten des Rektors die Situation erörterten.
Anwesend waren u.a. die Professoren Uwe Berend, Albert Hartinger und
Helmut Zehetmair. Doch für eine Solidarisierung mit dem Rektor war es zu spät, denn dies
hatte der Universitätsrat zu verhindern gewusst: Um 17.20 Uhr, also 100
Minuten vor Beginn der Versammlung und offenbar nach einem Wettlauf mit
der Zeit, hatte der Universitätsrat bekannt gegeben, Haas habe seinen
Rücktritt erklärt, und dieser sei angenommen. Laut Meldung der APA beschrieb Haas in dieser Versammlung ein
unangenehmes Arbeitsklima: "Seit drei Jahren muss ich mit permanenten
Lügen leben, Wörter gelten nichts, diese Verhältnisse, in denen das ganze
Mozarteum mehr durch die Intrige als durch seine Produkte zusammengehalten
wird, waren unerträglich." Weiters sagte er: "Diesem Haus fehlt die
Kultur, Konflikte offen auszutragen, alles läuft hinten herum, niemand hat
mir gegenüber begründet, warum und wodurch das Vertrauen zerstört worden
sein soll." Haas kritisierte auch den Vize-Rektor für kaufmännische
Angelegenheiten, Bernd Lange. Haas beharrt auf Gehalt bis September 2007 Ein Professor forderte laut
APA Haas auf, von seinem Rücktritt zurückzutreten. Mehrere Professoren
sowie Vertreter des Mittelbaus und der Studenten sprachen dem
Universitätsrat das Misstrauen aus. Haas soll klargestellt haben, dass er
den Posten Ende 2005 räumen werde, doch auf sein Gehalt bis September 2007
wolle er nicht verzichten. Eine der Empörten ist ÖH-Vorsitzende Angela Nassall. Sie habe mit
Erschrecken fest gestellt, dass an der Universität Entscheidungen gefällt
würden, ohne die Gremien zu befragen. Sie sei Mitglied des Senates und sei
nie über die angeblichen Gründe für eine vorzeitige Abberufung Haas'
informiert worden. Dies sei "ein diktatorisches Benehmen". Der
Universitätsrat sei "dreist und ignorant gegenüber allen, die an der
Universität leben und lernen", kritisierte Nassall im SN-Gespräch. Albert Hartinger, Professor für Gesang, kritisierte den Zeitpunkt der
Entscheidung mitten in der Umsetzungsphase der Reform und kurz vor der
Übersiedlung. Es sei "befremdlich", dass im Haus nie die Gründe bekannt
gegeben worden seien, die zu dieser Abwahl geführt hätten. Auch er
kritisierte, dass der Senat nicht gehört worden sei. Dass es
"atmosphärische Störungen" gegeben habe, räumte Hartinger ein. Haas habe
in Personalangelegenheiten manchmal ungeschickt agiert und - weil er kein
Musiker sei - bisweilen ein Gefühl fehlender Kompetenz vermittelt. Der
Vorsitzende des Senats, Ernst Leitner, ist im Spital, verfasste aber wegen
der Brisanz der Causa im Krankenbett eine Erklärung. "Ich verwehre mich
dagegen, wenn nun behauptet wird, der Senat sei übergangen worden", heißt
es darin. Tatsächlich habe er versucht, während der Ferien eine
Senatssitzung einzuberufen, doch eine Kurie habe den angebotenen Termin
verweigert. Der 1. Oktober als nächster Termin sei ebenso abgelehnt
worden. "Letztlich hätte dann am 17. Oktober diese Senatssitzung
stattfinden sollen. Mittlerweile trat der Rektor zurück." Gerhard Wimberger, Komponist und Ehrenmitglied der Universität
Mozarteum, gab im SN-Gespräch zu bedenken, dass Haas zu gewissem Grad
Opfer der Reform sei. Das Universitätsgesetz von 2002 trage "den Keim
möglicher Komplikationen" in sich, problematisch sei vor allem die
Struktur von Universitätsrat und Rektorat sowie die Tatsache, dass das
Gesetz auf wissenschaftliche Betriebe und nicht auf Kunstuniversitäten
ausgerichtet sei. Haas' Gegner wollten keine Einzelmeinungen kundtun,
sagte Musikwissenschafter Joachim Brügge den SN und verwies auf eine
gemeinschaftliche Erklärung, die der Sprecher der Professorenkurie,
Heinrich Hopfner, derzeit vorbereite. |