Salzburger Nachrichten am 20. Juli 2005 - Bereich: kultur
Malerei ist stetes Reisen

Quattara Watts ist derzeit der arrivierteste zeitgenössische afrikanische Künstler. Neueste Arbeiten werden seit Samstag in der Galerie Mauroner Salzburg gezeigt.

GUDRUN WEINZIERL Interview Üblicherweise sind seine Malereien ausladend und mehrere Quadratmeter groß. Dem Galerieraum angepasst, hat Quattara Watts für die Salzburger Ausstellung kleinere Aquarelle gemalt, die aber ebenfalls die typischen Elemente seines Zeichenrepertoires enthalten. Watts leitet heuer an der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst zum zweiten Mal eine Klasse für "Malerei und Bildsprache".

Herr Watts, in Hallein werden Sie Studenten Ihre Sichtweise von Malerei nahe bringen, was ist Ihnen dabei wichtig, was wollen Sie keinesfalls? Watts: Oh, auch ich werde von den Studenten lernen so wie sie von mir. Erfahrungen machen ist etwas Gegenseitiges. Ich will nichts vorgeben, sondern sehen, wie aus den mitgebrachten Ideen und Gegenständen Assoziationen geweckt werden, Dinge, Zeichen usw. Bedeutungen erhalten, die sie vielleicht vorher noch nicht hatten. Durch das Miteinander und den Austausch gehen wir immer einen Schritt weiter auf einer Reise.

Sie wurden 1957 in Cote d'Ivoire geboren, studierten in Paris, leben seit einigen Jahren in New York und sind im US-amerikanischen Raum sehr bekannt. In Europa wurde man auf Sie durch die Documenta 11 im Jahr 2002 aufmerksam. Watts: Die Documenta ist für jeden Künstler wichtig, mir brachte sie die Erfahrung, dass Künstler aus allen Teilen der Welt an einem Ort zusammentreffen, die so viel Verschiedenes tun und dennoch Verbindendes und immer neue Wege der Kommunikation mit neuem Vokabular finden. Die Welt ist vielstimmig. Die Kunst ist in einem stetigen Austausch, aber für mich gibt es diesen Unterschied zwischen afrikanischer, oder chinesischer und europäischer Kunst, zwischen dem Kolonialen also und dem Zentrum Europa oder USA nicht.

Ihre Bilder sind voll von Zeichen, Symbolen. Streben Sie in Ihrer Bildsprache eine Symbiose von afrikanischen Elementen und westlichem Ausdruck an? Watts: Für mich war die Begegnung und Freundschaft mit Jean Michel Basquiat sehr wichtig. Sein Stil war schwer einzuordnen, er hat ursprünglich Formvorstellungen aus dem Afrikanischen und Karibischen mit der expressiven Sprache des Westens verbunden. Ich verbinde auch, ohne genau zuzuordnen, woher etwas kommt. Die Augen beispielsweise stehen für mich als Vokabel des immer währenden Reisens. Zurück in die Vergangenheit, hinein in die Zukunft, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent. Genau so verstehe ich auch die Arme und Beine, die in meinen Bildern sehr häufig vorkommen.

Welche Bedeutung haben skripturale Elemente, Buchstaben, Zahlen und geometrische Linien? Watts: Die Zahlen sind ein Symbol dafür, dass alles bewertet und quantifiziert gemessen wird. Sie stehen für Tage in meinem Leben, für Technologie, die uns beherrscht, die Wissenschaft. Auch die Buchstaben und Linien sind Zeichen für das Vermessen und Festhalten. Der Mensch im Kreis und im Lineament ist eingeschrieben in Zusammenhänge, die im Gesamten die Welt ausmachen. Aber auch die Kabbala ist in mir verwurzelt, der Mystizismus von Zahlen verweist auf rätselhafte Vorgänge und auf das Spirituelle, wo sich das Okkulte mit dem Rationalen, das Diesseits mit dem Jenseits trifft.