"Karl ist nur der Aufhänger"

Karl V. und seine Zeit stehen im Mittelpunkt einer Sonderausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien. Es gilt, aktuelle Bezüge im Historischen zu finden.
Von Susanna Bruckner.


Vor 500 Jahren, am 24. Februar 1500, wurde Kaiser Karl V. geboren. Das Kunsthistorische Museum Wien (KHM) nimmt dieses Ereignis zum Anlass, dem bedeutendsten Herrscher seiner Zeit die große Ausstellung "Kaiser Karl V. - Macht und Ohnmacht Europas" zu widmen. In Karls Epoche wurden die Grundlagen für unser heutiges Europa gelegt. Dies gilt für die Politik ebenso wie für die Wissenschaften, die bildenden Künste und die Musik.

Es ist eine der umfangreichsten und aufwendigsten Sonderausstellungen, die das Museum seinen Besuchern da bietet. Mit rund 500 Exponaten, darunter wertvolle Leihgaben wie Gemälden von Tizian, Correggio, Dürer oder Seisenegger, Büsten von Leoni Leoni oder wissenschaftlichen Instrumenten des Kaisers.

Karl ist nicht gleich Karl

Wilfried Seipel, Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums über kuratorische Hürden heimischer Allgemeinbildung: "Wir hatten leider immer wieder das Problem, dass Karl V. mit Karl dem Großen verwechselt wird. Ich glaube, dass es sich inzwischen herumgesprochen hat, dass wir es mit der bedeutendsten Herrscher-Persönlichkeit der Habsburger zu tun haben."

Tizian: Karl V. nach der Schlacht von Mühlberg (Zum Vergrößern anklicken)
Tizian: Karl V. nach der Schlacht von Mühlberg (Zum Vergrößern anklicken)

Nach dieser Ausstellung, die für drei Milliarden Schilling versichert wurde, sollten dann alle Missverständnisse dieser Art beseitigt worden sein. Ein beachtlicher Teil der Schau konnte aus den Beständen der Wiener Museen zusammengestellt werden. Der Rest stammt von internationalen Leihgebern, wie dem Prado, dem Louvre oder dem historischen Museum Berlin.

Die Schlacht von Pavia 1525
Die Schlacht von Pavia 1525

Politisch unstete, spannende Zeit

Neben dem Porträt des Herrschers werden vor allem die politischen Umstände seiner Zeit durchleuchtet und dokumentiert, wie Wilfried Seipel erklärt: "Die Frage Frankreichs, die Schlacht von Pavia 1525, die Frage der Reformation, berühmte Bildnisse von Martin Luther, die Frage der Eroberung Südamerikas, mit wichtigen Leihgaben übrigens auch aus dem Völkerkundemuseum in Wien und letztlich noch einmal die Frage der Entdeckungen auch auf wissenschaftlichem Gebiet, also eine Mischung zwischen stark biografisch bezogenen Ausstellungsobjekten, immer mit dem Hinweis auf den weltgeschichtlichen Hintergrund."

Besonders bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang Tapisserien aus dem Besitz der "Armeria Real de Madrid". Sie haben die Schlacht von Tunis zum Thema und dokumentieren erstmals die Kriegsberichterstattung der damaligen Zeit. Eine eigens errichtete Rampe bietet den Besuchern die Möglichkeit, die bis zu zwölf Meter hohen Tapisserien aus der nötigen Entfernung zu betrachten.

Tapisserie: Der Tunisfeldzug Kaiser Karl V.
Tapisserie: Der Tunisfeldzug Kaiser Karl V.

Was würde Karl V. heute machen?

"Kaiser Karl V. - Macht und Ohnmacht Europas" ist eine durchaus aktuelle Ausstellung und soll, so wünscht sich Wilfried Seipel, Schlüssel zur Kenntnis der Entwicklung der Probleme eines vereinigten Europas sein: "Das Porträt Karls V. ist gleichsam der Aufhänger, der Schlüssel zu einem sehr aktuellen Verständnis der Entwicklung der Probleme eines vereinigten Europas und es ist letzlich der Sinn einer Sonderausstellung, nicht nur den Blick in die Vergangenheit zu richten, sondern auch in die Gegenwart: Wie aktuell ist die Geschichte heute für uns? In einer politischen Situation, in der gerade durch die Boykottmaßnahmen gegen Österreich sehr viel Nachdenken über die Stellung einer Europäischen Gemeinschaft zum Tragen kommt, ist eine Ausstellung dieser Art umso bedeutender."

Link: Auch musikalisch hatte die Zeit des großen Kaisers einiges zu bieten. Nachzulesen in einer ON KULTUR-Story.

Tipp: "Kaiser Karl V. - Macht und Ohnmacht Europas", 16. Juni bis 10. September, täglich im Kunsthistorischen Museum Wien; weitere Infos auf einer eigens eingerichteten Website.

Radio-Tipp: Ö1 widmet Karl V. einen Programm-Schwerpunkt.

TV-Tipp: Dokumenation "Zur Weltherrschaft berufen - Kaiser Karl V." am Sonntag, dem 18. Juni, um 9.45 Uhr auf ORF 2. Außerdem am Donnerstag, dem 22. Juni um 18.15 auf 3sat und um 22.00 Uhr im Kultursender BR-alpha.

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