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Wasser im Alchemistentopf

07. September 2011 17:16
  • Artikelbild: Der deutsche Künstler Anselm Kiefer huldigt bei Ropac der 
transformatorischen Energie des Wassers: In die Halle der Galerie sind 
die ganz großen Formate des neuen Werkblocks "Alkahest", darunter die 
großen Vitrinen des alchimistischen "Opus magnum", ausgewichen. - Foto: Duprat/Ropac

    Der deutsche Künstler Anselm Kiefer huldigt bei Ropac der transformatorischen Energie des Wassers: In die Halle der Galerie sind die ganz großen Formate des neuen Werkblocks "Alkahest", darunter die großen Vitrinen des alchimistischen "Opus magnum", ausgewichen.

Anselm Kiefer braut in Salzburg in der Galerie Ropac ein Königswasser: "Alkahest"

Salzburg - Im Hortus Philosophorum, dem Garten der Alchemisten, steht Athanor in der Mitte. Athanor heißt der Ofen, auf dem die Alchemisten, angetrieben von dem Wunsch, einfachste in edelste Metalle zu verwandeln, ihre Mixturen brauten. Das "Opus magnum" - aus Blei Gold zu machen - gelang ihnen zwar nie, die Kraft der Verzweiflung schuf jedoch so manch andere Überraschung.

Mit dem Tode bedroht, so erzählt es Anselm Kiefer (geb. 1945), schuf ein Aurum suchender Alchemist das weiße Gold der Sachsen (Meißener Porzellan). Wie andere Werkzeuge der Alchemisten, etwa Waage und Zange, ist der Superofen wiederkehrendes Motiv bei Kiefer. Ausstellungstitel, so etwa Hortus Philosophorum 2009 bei Gagosian in Rom, belegen seine Passion für die Alchemie. Sie verleitete ihn sogar dazu, Sohn Vergil im drittem Namen Athanor zu taufen.

Dem Alchemistentraum von der magischen Verwandlung folgt Kiefers Werk aber sogar im unmittelbarsten Wortsinn: Einfachste Materialien, wie etwa Blei, Lehm, Salz oder Pflanzen, finden zu bedeutungsschweren, an Lyrik, Philosophie, Mythologie und Altem Testament befruchteten Gemälden und Objekten zusammen. Im Vergleich mit einem Bild des Beuys-Schülers verblasst die Kapital-erhaltende Kraft von Gold geradezu: Für 200.000 bis 900.000 Euro wurden bereits bei der Vernissage fast alle Werke seiner jüngsten Serie Alkahest verkauft. Benannt ist sie nach einem hypothetischen Wunderwasser der Alchemisten, das in der Lage wäre, jede Substanz, sogar Gold, aufzulösen.

Als formenwandelndes, die Materie aufspaltendes Königswässerchen entpuppt sich in der Ausstellung allerdings simples Wasser. Ganze Bergmassive werden von ihm erodiert, von der Kraft gefrorenen Wassers emporgehoben oder geborsten. Wandernd hat Kiefer diesen Naturphänomenen gehuldigt, etwa den steirischen Grimming mit tausenden Fotos "ausgemessen". In seinem Mystizismus sind Berg, Fels und Stein dankbare Symbole für Geschichtlichkeit. Ein karger Boden, auf dem aber interpretative Samenkörnchen zu Geschichte und Politik prächtig gedeihen. Die (Bild-)Zutaten bleiben mehr oder minder gleich, allerdings geht die Variation der Elemente gegen unendlich. Den Alchimisten-Ahnen Kiefers brachte das jedoch kein Geld ein.  (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Printausgabe, 8.9.2011)

Bis 24. 9., Galerie Ropac, Mirabellpl. 2 und Vilniusstr. 13, 5020 Salzburg

 

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