Kontroversen garantiert

Künstler überschreiten die österreichisch-
tschechische Grenze. Mit GPS markieren sie neue Flüchtlingsrouten und stellen diese dann ins Internet.


Flüchtlinge ertrinken im Meer, sie erfrieren bei nächtlichen Grenzübertritten, oder sie ersticken in Containern. Meist sind die Toten (jährlich rund 1000, die Dunkelziffer dürfte höher sein) Opfer skrupelloser Schlepperbanden, die das Leben ihrer "Kundschaft" leichtfertig auf Spiel setzten, um einer Festnahme durch die Grenzbehörden zu entgehen.

Je lückenloser die Überwachung an den europäischen Grenzen wird, desto höhere Risken nehmen die Schlepper und Immigranten in Kauf, was wiederum zu mehr Todesfällen führt.

Im Projekt "Border Rescue" will die Linzer Künstlergruppe Social Impact auf die Situation an den EU-Außengrenzen hinweisen.

Künstler als Fluchthelfer?

Innerhalb eines nicht festgelegten Zeitraumes werden Künstlerinnen und Künstler als Grenzgänger zwischen Österreich und Tschechien hin und her wandern. Ausgerüstet sind sie mit jeweils einem GPS-Gerät und einer Videokamera.

Damit markieren und dokumentieren sie ideale Wege für einen illegalen Grenzübertritt. Die neuen Routen werden im Internet veröffentlicht und sollen künftigen Flüchtlingen die illegale Einreise erleichtern. Ziel der Aktion ist eine Ausdünnung der Grenzkontrollen.

Politik soll handeln

"In Österreich überwachen derzeit vier Grenzschützer einen Kilometer Staatsgrenze, an der Grenze USA-Mexico sind es 0,4. Je mehr Fluchtrouten es bei uns gibt, desto weniger können sich die Grenzbeamten auf einige wenige Schwerpunktgebiete konzentrieren. Durch mehr Übergänge soll es zu einer Ausdünnung der Überwachung kommen", sagt Harald Schmutzard, der Initiator des Projekts.

Die Chance, unerkannt nach Österreich zu kommen, soll so für die Flüchtlinge steigen: "Mit dem Projekt wollen wir auch die Politik unter Druck setzten. Die Überwachung noch effizienter zu machen ist keine Antwort auf die Flüchtlingsproblematik. Wir müssen uns fragen, ob es nicht unsere Politik ist, die die Menschen zur Flucht aus ihren Heimatländern zwingt."

Anzeige möglich

Dass sich "Border Rescue" im Grenzbereich zur Illegalität befindet, wissen die Initiatoren. Am Mittwoch, den 19. Juni, wurde Harald Schmutzard zu einem eineinhalbstündigen Gespräch in die Sicherheitsdirektion Oberösterreich geladen. Diskutiert wurde, laut Aussage des Künstlers, der Vorwurf der Schlepperei (Fluchthilfe gegen einen nicht minderen Vermögensvorteil des Helfers oder eines Anderen) nach §104 des Fremdengesetzes.

Ob eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt wird ist noch offen. Nach Aussage von Harald Schmutzard wird das Projekt auch im Falle einer Anzeige weitergeführt.

Kunstprojekte am Rande der Gesellschaft

In den Kunstprojekten von Social Impact geht es immer wieder um soziale und humanitäre Aspekte.

In Projekten wie "Dead House Walking" (Die soziologische Begleitung von Menschen, die aus Hochhäusern ausgesiedelt werden), "Zur Situation ausländischer Putzfrauen in Wien" oder "Das Zweifelhafte im Guten - was tut der Gutmensch im Windschatten des Bösen", rückt die Künstlergruppe die Schattenseiten und Randzonen der Gesellschaft in den Mittelpunkt. Eine Strategie, die Kontroversen garantiert.

Link: Border Rescue

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