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Ausstellung "Die fünfte Säule"

Wie ein Keil unter einem wackelnden Tisch

07. September 2011 18:10
  • Artikelbild: Auf die stark veränderte Raumwahrnehmung im Hauptraum der Secession 
antwortet   Cerith Wyn Evans mit   einem ebenso starken   audiovisuellen 
Eingriff.      - Foto: Wolfgang Thaler
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    Auf die stark veränderte Raumwahrnehmung im Hauptraum der Secession antwortet Cerith Wyn Evans mit einem ebenso starken audiovisuellen Eingriff.

Eine versteckte architektonische Eigenart der Secession weckte seine Neugier: Der Schweizer Kurator Moritz Küng machte die Chromsäulen von Adolf Krischanitz wieder sichtbar, um zu sehen, was passiert

Wien - Seit 1991 hat man die Secession nicht mehr so gesehen. Denn da verschwand das Geblinke der Chromstahlblech-Verkleidung an den vier zentralen Stützen des Hauptraums endgültig.

Architekt Adolf Krischanitz hatte sich bei der Renovierung 1986 zu diesem raumdominierenden Kleid hinreißen lassen. Nach manchem Hin- und Her - Daniel Buren strich die Säulen 1989 etwa farbig - blieben sie ab 1991 jedoch weiß. Weiße Stützen, die mit dem White Cube so verschmelzen, dass sie regelrecht verschwinden. Stützen? Welche Stützen eigentlich?

Der Schweizer Moritz Küng, der als Kurator und Publizist an der Schnittstelle von Architektur und Kunst arbeitet, hilft nun der Wahrnehmung auf die Sprünge: Er stellt den Originalzustand von 1986 wieder her. Der Rückbau der "Säulen", die aus Ermangelung eines runden oder polygonalen Grundrisses streng genommen Pfeiler sind, wird sogar zum Ausgangspunkt seiner Gruppenausstellung Die fünfte Säule.

Dieses Retuschieren, das Negieren eines Bauelements über 20 Jahre hinweg, hat Küng, den das Thema des Displays und des Verschwindens in Ausstellungen schon mehrfach beschäftigte, neugierig gemacht. Wie wirken diese Pfeiler im Raumgefüge? "Die Secession ist ein strenger Raum, was ihre Geometrie und ihre Atmosphäre betrifft. Krischanitz' Säulen kippen diese Atmosphäre." Mit welcher Kunst reagiert man darauf? Und so kann man Küngs Ausstellung mit dem Charakter einer Installation gerne als ein Austarieren von Verhältnissen verstehen, als ein Hinzufügen einer "fünften Säule", die man so wie einen Keil unter einen wackelnden Tisch stellt.

Und um das Kippen zu vermeiden, antwortet nun etwa Chrom auf Chrom, Dominanz auf Überpräsenz: Cerith Wyn Evans, der heuer auch den eisernen Vorhang der Staatsoper gestaltet, schuf ein monumentales Mobile, das wie eine fette Spinne im Zentrum des Raums schwebt. Zwischen den 16 spiegelnden Scheiben verlieren die Gesetze des Raumes und die Chromstützen ihre Wirkung; eine säuselnde Komposition, die unter anderem aus rückwärtsgespielter Opernmusik, Pianoklängen und im All aufgefangenen Frequenzen besteht, tut das Übrige.

Vielleicht also doch mehr Gleichgewichtsstörung denn Balance? Ferdinand Schmatz liefert im Katalog auch ganz andere Assoziationen zur "fünften Kolonne": der "heimlichen, subversiv tätigen" Gruppierung mit dem Umsturz vor Augen.

Die passende Ansage dazu liefert Dora Garcia: Der in Blattgold auf die Wand applizierte Sinnspruch "Die Zukunft muss gefährlich sein" stammt aus ihrer Serie Golden Sentences. Ein realitätsnaher Konter zum romantischen Optimismus des güldenen Secessionsmottos "Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihrer Freiheit".

Wogende Meeresfalten

Das Meer oder vielmehr der schlampig weiß übertünchte Teppich, der sich in der Raummitte (auf)faltet, deutet die Brüchigkeit von Übermalungen an, bezieht sich aber gleichzeitig auf ein historisches Foto von 1902: Bei einem Ausstellungsabbau entstand auf einer aufgerollten Auslegeware ein Gruppenporträt. Sehr subtil reagiert Peter Downsborough auf die Stützen: Vier Metallstäbe setzen im Vergleich nur ganz zarte, dem Strich einer Zeichnung vergleichbare Akzente im Raum. Zwei davon enden wenige Millimeter über dem Boden, geraten in Schwingung, sind also flexibel statt sperrig.

Die von Küng gestifteten Korrespondenzen und Gegensätzlichkeiten sind in ihrer Anzahl angenehm reduziert. Das gibt die Möglichkeit, diesen Liaisons nachzuspüren, zu eigenen Schlüssen zu kommen. In einem der farbigen Raumvolumen von Joëlle Tuerlinckx, einem mit Teeanstrich auf Patina gebrachten "alten Raum", wird eine Entwurfszeichnung von Krischanitz präsentiert. Sie sieht darin ganz einfach alt aus.   (Anne Katrin Feßler/ DER STANDARD, Printausgabe, 8.9.2011)

Eröffnung 8.9., 19.00; bis 20. 11.

08.09.2011 12:45

das soll kunst sein?

07.09.2011 22:59
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..der zeit ihre kunst,..

und diese ausstellung schmiegt sich sehr gut an die gegenwärtige stimmung..
hoch spekulativ, langweilig, konformistisch , wiederkauende kunstmarktwirtschaft,....

Anne Katrin Feßler
08.09.2011 07:49
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wow, eine ...

...interne stimme. Oder ein Hellseher?
Wer hat denn da die Ausstellung, die erst heute abend fürs Publikum geöffnet ist, schon gesehen?

08.09.2011 08:40
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blickwinkel,...

wer, ausser internen , lokalen playern ist in wien denn im umlauf an künstlern bzw besuchern??
und man soll es nicht glauben, es gibt durchaus leute, die auf eigene kosten and internationaler kunst interessiert sind,
previews und ähnliche strategien haben ein anderes publikum, networking ist zwar legitim, aber es macht die kunst nicht besser.

prost/mahlzeit.

08.09.2011 12:19
Sie beantworten jetzt aber nicht die Frage,

ob Sie die Ausstellung als Ihnen unsympathischer Preview-Besucher oder interner lokaler Player schon gesehen haben, oder ob Sie doch eher zu den Hellsehern gehören...

08.09.2011 14:43
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..putztrupp....

08.09.2011 18:34
sollte sich die Organisation des Saalputzens in der Secession

in den letzten 3 Jahren nicht drastisch geändert haben, schwindeln Sie jetzt ganz gewaltig.

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