Salzburger Nachrichten am 4. Jänner 2006 - Bereich: Kultur
Zum Silberfest neue Ideen Die österreichische
Kunstzeitschrift "Parnass" wird "silbern": Vor 25 Jahren ist die erste
Nummer erschienen. Im Jubiläumsjahr wird durchgestartet.
Hedwig Kainberger Interview Für jene, die 1981 das erste "Parnass" mit
Geschichten über "Kunstzeitschrift des Jugendstil" und "Kabarett
Fledermaus" in Händen hielten, war es unvorstellbar, dass dieses
österreichische "Kunstmaga- zin" länger als zwei, drei Jahre zu leben
hatte. Nun steht das Fest des 25. Geburtstages bevor. Daher baten die SN
die Herausgeberin, Charlotte Kreuzmayr, um ein Interview. Sie haben vor 25 Jahren das "Parnass" gegründet. Wie kamen Sie auf die
Idee, eine Kunstzeitschrift herauszugeben? Kreuzmayr: Ich war damals in
der väterlichen Druckerei und habe nach einem eigenen Aufgabenbereich
gesucht. Mir ist damals aufgefallen, dass es keine überregionale
Kunstzeitschrift dieser Art gegeben hat, und so hat es mich gereizt, das
anzugehen. Wann und warum sind Sie von Linz nach Wien übersiedelt? Kreuzmayr: Ich
bin 1990 nach Wien gegangen, weil erstens mein Vater in Pension gegangen
ist und ich die Druckerei nicht übernehmen wollte, da es mich mehr zum
Verlagswesen hinzog. Und dann war ich ohnehin schon mehr in Wien als in
Linz, da viele meiner Autoren auch hier sind und es sich von hier aus
leichter arbeiten lässt. Als Herausgeberin des "Parnass" haben Sie seit 25 Jahren die
österreichische Kunstszene beobachtet und begleitet. Was waren Ihrer
Meinung nach die Meilensteine dieser Zeit? Kreuzmayr: Man kann schwer 25
Jahre in fünf Sätzen ausdrücken. Wenn ich mir ein Teilgebiet herausgreifen
darf: Die achtziger Jahre waren auf jeden Fall geprägt von den Neuen
Wilden wie Anzinger, Bohatsch, Brandl, Mosbacher, Scheibl, Schmalix. Die
Galerieszene hat sich geradezu verselbstständigt und ist mehr oder weniger
flächendeckend in Österreich präsent. Die Teilnahme auf internationalen
Messen hat sich auf dem Kunstmarkt bezahlt gemacht. Das Thema Museum bzw.
wie man sich den zukünftigen Museumsdirektor vorstellt, wurde damals schon
heftig diskutiert. In den neunziger Jahren begann der Boom mit Sonderausstellungen, und
die Privatisierung der Museen hat enorme Aktivitäten nach sich gezogen.
Mit Rudolf Leopold und Karl-Heinz Essl begann die Ära der Kunstsammler,
deren Kreis ständig wächst und die ihre Sammlungen vermehrt öffentlich
zeigen.Inwiefern haben sich in Österreich in den vorigen Jahrzehnten die
Berichte über Kunst und Kultur in Medien verändert? Kreuzmayr: Durch die
Flut an Informationen gibt es mehr Hintergrundgeschichten, Analysen,
Meinungen. Man kann viel schneller reagieren, muss aber auch schneller
agieren. Die essayistische Schreibweise bleibt auf der Strecke, weil die
Zeit nicht mehr vorhanden ist, ausführliche Artikel in Ruhe zu lesen. Das
finde ich schade. "Parnass" hat den Untertitel "Kunstmagazin". Allerdings
gibt es relativ wenig Berichte über Theater, klassische Musik, Jazz, Pop,
Tanz, Literatur. Warum wird der bildenden Kunst so viel Gewicht
beigemessen? Kreuzmayr: Das stimmt, die Zeiten ändern sich, und man muss
auf den Markt reagieren. Zum einen sind Theater und Musik ohnehin die Liebkinder der Presse, zum
anderen können wir nicht so schnell wie eine Tageszeitung reagieren. Wir
haben eine längere Vorlaufzeit, so dass wir nie rechtzeitig gutes
Bildmaterial von Aufführungen im Voraus bekommen; wir gleichen das mit
unseren Schwerpunktthemen aus. Literatur ist ein weites Feld, das viel
besser von den Literaturzeitschriften abgedeckt werden kann. Zum Jubiläum ein "Fünf-Jahres-Sprung" Im Rückblick gesehen hat sich das
"Parnass" inhaltlich und auch von der Aufmachung her in
Zehn-Jahres-Sprüngen verändert. In Zukunft werden es Fünf-Jahres-Sprünge
sein. Ich habe viele neue Ideen, die sich im Laufe dieses Jahres
verwirklichen lassen. Welche das sind, möchte ich noch nicht verraten.
Wie ist es möglich, eine solche Kunstzeitschrift zu finanzieren? Gab es
oder gibt es Subventionen? Kreuzmayr: Die ersten zehn Jahre hat mein
lieber Herr Papa die Zeitschrift gesponsert. Das war möglich, da die
Produktion im väterlichen Betrieb erfolgte. Grundsätzlich muss man eine Zeitschrift über Anzeigen finanzieren.
Seitdem ich in Wien bin, habe ich das verstärkt betrieben. Ohne eine
gewisse Anzahl von Anzeigenseiten geht es gar nicht. Die zweite Basis ist
das Abonnementgeschäft. Und das dritte Standbein ist der
Einzelheftvertrieb. Dieser Absatz hat über das Internet enorm zugenommen.
Wir werden auch vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und
Kultur (14.300 Euro für das Jahr 2004, Anm.) und vom Bundeskanzleramt
(25.000 Euro für 2004) unterstützt. |