Der Maler Ilja Repin war im Westen bisher
kaum bekannt. In seiner Heimat Russland dagegen werden die Bilder des 1930
gestorbenen Künstlers bis heute wie Ikonen verehrt. Dort ist Repin
populärer als Malewitsch oder Kandinsky.
Mehr als 70 Jahre nach dem Tod Repins werden seine Werke nun auch im
Westen gezeigt. Mit der Ausstellung "Russland - Repin und die Realisten"
setzt die Kunsthalle Krems einen kulturpolitischen Akzent.
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"Welch eine Weite", Ilja Replin, 1903 (Zum
Vergrößern anklicken) / ©Bild: Staatliches Russisches
Museum |
Anlässlich der Ausstellung hat Kristina Pfoser für kultur.ORF.at mit
Tayfun Belgin, dem Kurator der Schau, gesprochen.
kultur.ORF.at: Was kann man sich unter der "Schönheit der
Wahrheit" vorstellen?
Tayfun Belgin: Die Schönheit der Wahrheit war ein Credo vom
berühmten Kritiker Vladimir Stasov, dem damaligen Chefkritiker, der auch
die russischen Wandermaler begleitet hat. Er hat versucht, deren Inhalte
und Bestreben auf eine Formel zu bringen. Die Schönheit der Wahrheit
bedeutet nicht mehr als Realismus. Es gab ja im 19. Jahrhundert auch das
idealisierende Arbeiten.
kultur.ORF.at: In seiner Heimat ist Repin einer der beliebtesten
Künstler. Was macht seine Popularität aus?
Tayfun Belgin: Weil er Dinge malerisch, auf eine sehr virtuose
Art und Weise, zusammengefasst hat. Bekannt sind, vor allem hier in der
Wachau, die Wolgatreitler. Das ist ein Inbegriff-Bild. Das heißt, alle
Strömungen finden sich darin wieder. Das hat Ilja Repin auf beispielhafte
Weise gelöst.
kultur.ORF.at: Was sind die Highlights der Ausstellung?
Tayfun Belgin: Die Highligts dieser Ausstellung sind z.B. auch
Werke von Mija Sojedev wie seine 'Erntezeit' sowie 'Der unstillbare
Schmerz' von Grams Greu. Es gibt einige hervorragende Porträts, es gibt
Ivan Schischkin, den russischen Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts,
aber auch einen der bedeutendsten in Europa. Wir können mit Stolz sagen,
dass wir neunzig Prozent der Bilder im russischen Museum, in St.
Petersburg, von der Wand genommen haben. Das sind Konstanten. Das heißt,
wenn man eine Ausstellung zum russischen Realismus macht, darf man diese
Bilder nicht außer Acht lassen.
kultur.ORF.at: Ich habe den Eindruck, dass die Porträt-Malerei
eine besondere Stellung einnimmt.
Tayfun Belgin: Die Porträt-Malerei nimmt generell in Russland
eine besondere Stellung ein. Es ist in Russland besonders wichtig,
zwischen der ersten und zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu
unterscheiden. Die erste Hälfte ist mehr idealistisch, mehr romantisch,
klassizistisch veranlagt, die zweite Hälfte geht dann ins Tendenziöse, ins
Realistische. In der russischen Porträtmalerei versucht man die
psychologischen Daten auszudrücken. Der Ausspruch: "Die Schönheit liegt in
der Wahrheit" trifft bei den Russen sehr gut zu.