VN Mi, 26.9.2001

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Der Architekt der Zeit

Der japanische Fotograf Hiroshi Sugimoto im Kunsthaus Bregenz

Bregenz (VN-ag) Fünf parallel in die Gegenwart laufende, schwarz-weiße fotografische Serien prägten das Werk des japanischen Künstlers Hiroshi Sugimoto (geboren 1948 in Tokio, lebt in New York) seit 1976. Mit "Pinetrees" hat sich vor kurzem ein neuer, sechster Werkstrang dazugesellt. Als Premiere, großformatig wie noch nie und in Symbiose mit dem japanischen Noh-Theater, sind die "Pinetrees", erweitert um die bekannten Serien "Architecture" und "Seascapes", ab heute Abend im Kunsthaus Bregenz zu sehen.

Die Seelenverwandtschaft Hiroshi Sugimotos mit KUB-Architekt Peter Zumthor druckt sich in der aktuellen Schau "The Architecture of Time" nicht nur in der Einheit von Behälter, sprich Architektur, und dem darin gezeigten Inhalt aus. So hat auch Zumthors Kapelle St.Benedikt, neben anderen Ikonen der klassischen Moderne und der zeitgenössischen Architektur und neben dem Kunsthaus Bregenz, Eingang gefunden in die seit 1997 entstehende Serie "Architecture". Gekennzeichnet durch die malerische Unschärfe und abstrahierende Komposition, die "störende" Details und technisch-konstruktive Einzelheiten verschluckt, reduzieren sich die Bauten auf das Wesentliche.

Wenn Sugimoto jene eine Ansicht fixiert, die wie eine schemenhafte Erinnerung die Idee des Gebäudes wiedergibt, so wird die fotografierte Architektur zu einer zeitlosen Vision - vergleichbar jener ursprünglichen Vorstellung, die der Architekt vor der Realisation hatte. Die seit 1980 an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt entstehenden "Seascapes", die mit elf großen Formaten die zweite KUB-Etage bevölkern, zählen zu den bekanntesten Arbeiten von Sugimoto. Reduziert auf die absolut ästhetisch-poetische Dreiheit von Himmel, Erde und einem genau in der Bildmitte verlaufenden Horizont, spiegeln sie in einer unendlichen Palette feinster Grauabstufungen eine zwingende Zeit- und entrückte Ortlosigkeit wider.

Frühere Bildaussagen nicht übertroffen

In kontemplativen menschenleeren Räumen gelingt es Sugimoto einen Eindruck von Welt "einzufrieren", wie er sich dem allerersten Menschen auf der Erde dargeboten haben könnte. Auch Sugimotos Vision vom Meer, die "Vorstellung von einem ganz scharfen Horizont, einer vollkommen ruhigen Seelandschaft, mit klarem, wolkenlosen Himmel" wurzelt in der Kindheit, als er nicht wie die anderen Japaner den Berg Fuji sehen wollte, sondern das Meer. Zum finalen Verschmelzen von Zeit und zu einer Besinnung auf die eigene kulturelle Herkunft kommt es im dritten Obergeschoss. Das samtige Schwarz-weiß der "Pinetrees", aufgenommen beim Kaiserpalast in Tokio, erinnert nicht zufällig an traditionelle japanische Tuschzeichnungen. Auch die Komposition aus sechsteiligen Bildtafeln ist ein direktes Zitat japanischer Malerei des 16. Jahrhunderts. Schnappschüsse und eine Fotografie, die sich ihrem Wesen nach auf Sekundenbruchteile eines festgehaltenen Zeitpunktes beschränkt, interessieren Sugimoto nicht. Im Sinne der unterschiedlichen Tempi, die der Welt eigen sind, erscheint er in "The Architecture of Time" wie der Architekt, der an seiner ganz persönlichen Zeit baut. Dass die radikalen Bildaussagen früherer Jahre nicht übertroffen werden, wohl aber noch immer uneingeschränkt gültig sind, ist nur eines der Phänomene von Zeit.

Hiroshi Sugimoto mit einer Arbeit aus der Serie "Pinetrees". (Foto: Hofmeister)

Noh-Theater in Kunsthaus

Das Kunsthaus Bregenz präsentiert exklusiv in Europa vom 27. bis 30. September vier Aufführungen der berühmten Noh-Theatergruppe um Naohiko Umewaka.

Im Obergeschoss des Kunsthauses integriert Hiroshi Sugimoto eine von ihm entworfene Noh-Theaterbühne in die Präsentation seiner Fotografien. Das Werk Sugimotos bildet auf diese Weise eine einzigartige künstlerische Symbiose mit traditionellem japanischen Theater.

Noh-Theatermaske. (Foto: KUB)




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