"Keine Dependance vor den Toren Wiens"

28. April 2010, 18:00
  • Artikelbild: Hat aufgrund finanziell angespannter Zeiten kein Ankaufbudget mehr und hofft daher auf Schenkungen zugunsten seines Hauses, das er bis 2020 leiten will: Albertina-Direktor Klaus A. Schröder.
Zur Person: Klaus Albrecht Schröder, geboren 1955 in Linz, gründete das Kunstforum und ist seit 1999 Albertina-Chef. Sein Vertrag läuft bis Ende 2014. - Foto: APA/Neubauer

    Hat aufgrund finanziell angespannter Zeiten kein Ankaufbudget mehr und hofft daher auf Schenkungen zugunsten seines Hauses, das er bis 2020 leiten will: Albertina-Direktor Klaus A. Schröder.

    Zur Person:
    Klaus Albrecht Schröder, geboren 1955 in Linz, gründete das Kunstforum und ist seit 1999 Albertina-Chef. Sein Vertrag läuft bis Ende 2014.


Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder hält nichts von einer Expansion nach Bratislava

... und hofft im Gespräch mit Thomas Trenkler auf viele Geschenke von Künstlern zu seinem 55. Geburtstag.

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Standard: Der Albertina wurde angeboten, nach Bratislava zu expandieren. Warum haben Sie denn abgelehnt?

Schröder: Die Brüder Soravia und der Bürgermeister von Bratislava haben die Vision, auf einem Areal mit einer großen Shopping-Mall eine Kunsthalle zu errichten - und bei entsprechendem Erfolg in der Folge ein Museum. Die Albertina genießt ein hohes Ansehen in der Slowakei; wir waren daher der Traumpartner des Bürgermeisters. Ich habe mir die Pläne angeschaut und angeboten, persönlich mit Rat und Tat zu Verfügung zu stehen. Es hat aber keinen Sinn, eine Albertina-Dependance vor den Toren von Wien zu errichten. Wir sind bekanntlich auch anderen Angeboten - von Las Vegas bis Dubai - nicht nähergetreten.

Standard: Sind Expansionen nicht der Zug der Zeit?

Schröder: Ja, doch. Guggenheim hat damit vor vielen Jahren begonnen - und andere Museen, die Teile ihrer Sammlungen ansonsten nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen könnten, sind dem Beispiel gefolgt. Ich stehe diesem Trend jedoch skeptisch gegenüber. Unsere sensible, lichtempfindliche Sammlung eignet sich nicht für Standortvermehrungen.

Standard: Die Albertina wurde in den letzten Jahren bis unters Dach ausgebaut: Die Ausstellungsfläche lässt sich nicht mehr erweitern. Welche neuen Pläne gibt es?

Schröder: Die Albertina befindet sich heute erstmals in einem Idealzustand. Die Ausnahme ist es, ein Museum in der schwersten Krise zu übernehmen, es zu renovieren, auszubauen und völlig neu zu positionieren. Edelbert Köb hat ja als Direktor auch das fertige Mumok gut bespielt. Das ist die Aufgabe, die auf mich in den nächsten zehn Jahren zukommt.

Standard: Sie nehmen also an, dass Ihr Vertrag verlängert wird?

Schröder: Ich hoffe doch. Ich genieße es, ein Museum zu führen, das nun perfekt funktioniert.

Standard: Tut es das? Kürzlich wurde ein Oberaufseher entlassen, weil er ein Kunstwerk um einen Zentimeter verrückt habe. Da muss doch mehr dahinterstecken. Gerüchteweise wurden Schäden an Kunstwerken nicht gemeldet.

Schröder: Kein Kommentar. Aber das Verrücken einer Arbeit von Sylvie Fleury war kein Einzelfall und mit Sicherheit nicht der Grund, sich von einem Mitarbeiter zu trennen. Da ist schon Schwerwiegenderes vorgefallen.

Standard: Die Albertina macht nun in Sachen Porzellan: Ihre Presseabteilung kündigte für Mai die Schau "300 Jahre Meißen" an.

Schröder: Es handelt sich dabei nicht um eine Albertina-Ausstellung: Meißen mietet für diese kurze Präsentation den Musensaal. Wir sind aber sehr dankbar für die Kooperation: Meißen hat uns Porzellan zur Ausstattung der alten Vitrinen in den Prunksälen zur Verfügung gestellt. Wir vermieten die Albertina 400-mal im Jahr - an die Erste, an Pfizer, an Borealis und so weiter. Diese Vermietungen sind ein wichtiges finanzielles Standbein, sie haben aber nichts mit dem Museumsprofil oder -programm unseres Hauses zu tun.

Standard: Da Sie die Finanzierung der Albertina ansprechen: Vom Staat ist nicht viel zu erwarten.

Schröder: Ja. Die Basissubvention deckt gerade einmal 30 Prozent unserer Kosten. Also müssen die Ausstellungen Geld für den normalen Betrieb erwirtschaften. Die Ministerin hat uns versichert, dass es keine Abstriche geben wird. Die Lage ist aber ernst: Ich erwarte - auch aufgrund der europaweiten politischen Fehlentscheidungen in Zusammenhang mit Griechenland - eine dramatische Inflation in den kommenden Jahren. Die Energiekosten steigen um 30 Prozent: Wie sollen wir das auffangen? Wir spüren zudem einen massiven Rückgang im Tourismus. Unsere finanziellen Spielräume sind also gleich null. Jetzt haben auch wir in der Albertina kein Ankaufsbudget mehr. Umso größer werde ich heuer meinen 55. Geburtstag feiern.

Standard: Den Zusammenhang verstehe ich nicht.

Schröder: Ein runder Geburtstag des Direktors ist eine gute Gelegenheit, der Albertina Kunstwerke zu schenken. Als ich 50 wurde, haben wir von Künstlern Werke im Wert von rund 2,8 Millionen Euro bekommen.

Standard: Manch ein Direktor programmiert einen Künstler nur, wenn eine Arbeit für ihn abfällt.

Schröder: Das ist mit meinem Berufsethos nicht vereinbar. Alles geht an die Albertina. Aber es stimmt: Wir bekommen sehr oft Ausstellungsprojekte angeboten, die in eine Schenkung münden würden. Eine Schenkung ist für sich jedoch kein Kriterium: Wir machen eine Ausstellung, weil wir sie machen wollen - und nicht, weil wir etwas dafür bekommen. Allerdings gibt es in der Folge von Ausstellungen freundschaftliche Beziehungen. So hat uns Alex Katz seine gesamte Print-Produktion von den 1950er-Jahren bis heute geschenkt. Das sind 460 zum Teil monumentale Arbeiten im Wert von circa 950.000 Euro, die wir nun in einer Sonderschau zeigen. Auch Jean Scully hat uns sein gesamtes druckgrafisches Werk geschenkt.

Standard: Sie malen zwar ein wenig schwarz, aber es wird auch im Herbst einen Run auf die Albertina geben, denn Sie zeigen gleichzeitig Picasso und Michelangelo.

Schröder: Ja, wir hoffen, dass zumindest 300.000 Besucher zu Michelangelo kommen. 600.000 wie zu van Gogh wird es selten geben.

Standard: Seit Jänner können alle bis 19 gratis ins Museum. Kulturministerin Claudia Schmied lässt sich das 3,1 Millionen Euro kosten. Erleben Sie einen Kinderboom?

Schröder: Nein, wir haben keine wesentlichen Veränderungen im Besucherverhalten registriert. Ähnliches hört man auch von Kollegen. Wie ich es erwartet habe: Es kommen wegen des Gratiseintritts nicht mehr Schulklassen.

Standard: Schmieds "Museumsreform" zog keine großen Reformen nach sich. Zudem scheint es noch immer keine Rahmenzielvereinbarungen zu geben.

Schröder: Wenn es sie gäbe, würden Sie sie kennen - und ich auch. Ich habe auch keine Ahnung, was die Rahmenzielvereinbarungen im Detail enthalten werden.

Standard: Ich nehme an, dass Sie eine solche nicht brauchen.

Schröder: Ein Museum bekommt sein Profil, seine unverwechselbare Charakteristik ganz wesentlich durch die Handschrift des Direktors - genauso wie ein Theater oder ein Opernhaus. Das unterscheidet diese Häuser von Geldinstituten. Das ist gut so. Natürlich kann nicht jeder tun und lassen, was er will. Aber man sollte einem Direktor nicht bestimmte ästhetische Programme diktieren. Denn die Programmierung aus Leidenschaft ginge verloren. Da wir mit unserem Programm eine breite Zustimmung gefunden haben, erwarte ich auch keine Einschränkungen.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.4.2010)

 

druckenweitersagen:
1000 Kopfläuse können nicht irren
29.04.2010 10:28
Foto:

Hermann Maier 2020?
(C:

Jürgen Rembremerding  
29.04.2010 08:09
Jetzt habe ich gelesen "kein Deppendance vor den Toren Wiens"

und dachte, es geht um irgendwelche Bauerndiscos!

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