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vom 05.02.2007 - Seite 013
Hitlers Pläne für ein Museum in Linz

Eine vielbeachtete Welturaufführung gab es beim Festival FIPA (=Festival International de Programmes Audiovisuels) in Biarritz. Jan Lorenzen und Hannes Schuler zeigten ihre Dokumentation "Sonderauftrag Führermuseum" über das von Hitler geplante Museum der Superlative in Linz.

VON LUDWIG HEINRICH

Diese Dokumentation - zwei mal 52 Minuten - entstand auf Initiative von arte und wurde finanziell auch vom ORF unterstützt. Gesendet wird im Frühjahr. Der genaue Termin steht noch nicht fest.

"Ich wurde von der Produktionsfirma auf dieses Thema angesprochen", erzählt Autor Lorenzen aus Leipzig, "es hat mich sehr interessiert, ich begann sofort zu recherchieren, und nach einem Jahr hatte ich das Drehbuch fertig. Ein weiteres halbes Jahr dauerte es, bis das Budget - auch Kanada und die Niederlande beteiligten sich schließlich - beisammen war, so um die 600.000 Euro."

Historikerin aus Linz

"Es gibt so viele Filme und Dokumentationen über das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg", sagt Regisseur Schuler, "doch das Thema Kunstraub wurde dabei kaum angeschnitten. Klar: Bei einem Krieg, der Millionen das Leben kostete, waren andere Dinge zunächst wichtiger. Aber als Symbol von kultureller Identität und Zivilisation, glaube ich, ist die Kunst nicht minder wichtig."

Hitler hatte geplant, in der oberösterreichischen Metropole die Prachtstraße Unter den Lauben - möglicherweise angelehnt an Unter den Linden in Berlin - zu bauen, und am Ende sollte das gigantomanische Museum stehen. Als Experten hatte er sich Hans Posse, den früheren Museumsdirektor in Dresden, geholt.

Historikerin Birgit Kirchmayr aus Linz, die vom Macher-Duo vor die Kamera geholt wurde: "Interessant war, dass Hitler ihn zunächst abgesetzt hatte. Grund: Einkauf von ¸entarteter' Kunst. Dann besuchte er ihn mit Martin Bormann und betraute ihn mit dem Großprojekt Linz. Bei einer Besichtigung von Hitlers Sammlung zeigte sich Posse ziemlich unbeeindruckt vom Geschmack seines Führers, der seiner Meinung nach nicht dem Rang des Museums entsprach, das er, Posse, sich vorstellte. Hitler ließ sich die Kritik gefallen ¼"

"Alles in allem", so Hannes Schuler, "haben wir tolles Archivmaterial - vor allem in Frankreich - entdeckt, mit Zeitzeugen gesprochen und diverse Szenen mit Schauspielern nachgestellt."

Jan Lorenzen: "Die Bonzen um Hitler, etwa Göring, sammelten selbst gerne Kunstwerke, deshalb erließ der Chef einen ,Führervorbehalt'. Seine eigenen Wünsche hatten Vorrang.

Hitler fertigte Skizzen an

Nur wenige wissen übrigens, dass Hitler die ersten Skizzen für das Museum - wir zeigen sie im Film - selbst angefertigt und dieses Projekt für ihn höchste Priorität hatte. Am Tag des Überfalls auf Dänemark und Norwegen ließ er sich von Hans Posse Alben mit Fotos von den Bildern zeigen, die sich jener für das Museum wünschte. Das war Hitler wichtiger als der Stand an der Front. Und noch wenige Tage vor seinem Selbstmord saß er im Bunker über den Wunschlisten und verschob die Eröffnung, die sich durch die Kriegsentwicklung zusehends verzögert hatte, auf das Jahr 1950 ..."

In Österreich drehte das Team nicht nur in Linz, sondern auch in Altaussee. Dort, in einem unterirdischen Stollen, war das wichtigste Depot für die "erbeuteten" Kunstwerke: "In den letzten Kriegstagen wollten es die Nazis sprengen lassen. Mutige lokale Bergarbeiter verhinderten das mit einer ¸kontrollierten Sprengung' des Eingangs, die den Nazis den Zugang ins Depot bis zum Eintreffen der Amis unmöglich machte."

Hitler beim Blick auf jenes Modell, das zeigt, wie Linz ausschauen hätte sollen. Foto: Archiv


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