OÖNachrichten
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von
Irene Judmayer
Von Menschmaschinen-Menschen
Spannendste Sparte der elektronischen Kunst: die Interaktion zwischen Mensch und "Maschine". Während der diesjährigen Ars Electronica (1.-6. 9.) demonstrieren auch Studierende der Kunstuni Linz diesbezügliche Fertigkeiten.

Zwei Eier, fünf Knoblauchzehen, drei EL Öl, Gewürze, zwei Zucchini, fünf Tomaten, Chili, eine Dose Thunfisch, Ketchup, Senf, drei Zwiebeln. ???? Nein - Sie haben sich nicht auf die Leben-Heute-Seite der OÖN verirrt. Hier geht es tatsächlich um Kunst. Respektive um Kultur. Lebenskultur nämlich. Eines jener Anwendungsgebiete für die Interaktion zwischen Mensch und Computer.

Im speziellen Fall legen Sie den Inhalt Ihrer Vorratsschränke auf ein eigenes Feld Ihrer Arbeitsplatte. Dort werden die Lebensmittel über ihre Barcodes erkannt, und - zack - innerhalb weniger Sekunden haben Sie 30 Rezeptvorschläge für Ihre Zutaten auf dem Computer-Bildschirm.

Am 5. September, ab 17 Uhr, hält der Linzer Haubenkoch Georg Essig (Restaurant Vogelkäfig) gar eine Kochshow auf diesem Beitrag zur diesjährigen Ars Electronica. Ein Beitrag, den Thomas Wagner, Istvan Lörincz, Hannah Perner-Wilson und Andreas Zingerle entwickelt haben. Die vier sind Studierende des Fachs "Interface Cultures", das ab Herbst als Master-Studium geführt wird.

Die Meisterklassenleiter Christa Sommerer und Laurent Mignonneau sind Ars-Kundigen seit Jahrzehnten als vielfach Preis-Bedachte bekannt. Und Sommerer legt großen Wert auf die erkennbare Achse zwischen Technik, Kunst und sozialem Anspruch. Auf die Verknüpfung mit Forschung und Wissenschaft, auf die praktische Anwendung des in den Unterrichtsstunden Erworbenen. "Learning by doing" - wie sie im Pressegespräch feststellte.

Somit ist die Ars Electronica eine perfekte Plattform für diese Studienrichtung. 15 Projekte von Studierenden und Lehrenden werden gezeigt. Im Cave, in der Kunstuni (Hauptplatz 8) direkt und anhand von Konzerten.

Eigeninitiative

Auch hinter Spielerischem - etwa dem herzhaft subversiven "ActiveDirndlSong" (Wilks, Purviance, Kiesl, Moser) oder dem täuschenden Auto-Renn-Spiel "Sound Toy" (Wilks, Heidecker, Moser) - verbergen sich ausgefeilte Anspielungen auf (un)soziale Strukturen. Ebenso wie auf das Frauenbild: u. a. in "Blow" (von Taife Smetschka), einer Videoinstallation, die per Atemluft Marilyn Monroes Plisseekleid in die Höhe bläst.

Die Finanzierung dieser Prototypen kann durch den Ars-Zuschuss von 3000 Euro wohl nicht abgedeckt werden. Sommerer auf OÖN-Anfrage: "Großteils sind es Eigenmittel und Eigeninitiativen der Studierenden." Mit EWE-Küchen oder Siemens konnten sie engagierte Sponsoren aktivieren. Das ist großartige Kunst-Praxis auf vielen Ebenen.

OÖnachrichten vom 31.08.2005
 
   



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