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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
04. Juli 2005
18:41 MESZ
Bis 18. 9. im Mumok

Von Christa Benzer  
Foto: Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig
Einige weniger bekannte künstlerische Positionen wie diese verleihen der mehr als 150 Werke umfassenden Sammlung der EVN ihren Charme. Aus der Fotoserie "Rokytník" (1990-1994) der tschechischen Künstlerin Jitka Hanzlová.

Internationale Anschlüsse mit und ohne Steckdose
Unter dem Titel "Nach Rokytník" gibt das Mumok der Sammlung der Energie-Versorgung Niederösterreich (EVN) über die Sommermonate ein Zuhause

Mit der Präsentation der differenzierten Auswahl startet das Museum sein Programm zum "Jahr des Sammelns".


Wien - Nicht nur Kunstwerke zu sammeln, die eine Steckdose benötigen, war eines der erklärten Ziele des fünfköpfigen EVN-Kunstbeirates, der der Kunstsammlung des niederösterreichischen Energieunternehmens seit nunmehr zehn Jahren ihr Profil verleiht.

Zu den ersten Arbeiten, auf deren Ankauf sich der Kurator Hans Ulrich Obrist, die Kunstkritikerin Brigitte Huck, der Direktor des Historischen Museums in Wien Wolfgang Kos, der Galerist Georg Kargl und der Architekt des Unternehmens Paul Katzberger einigen konnten, gehört die Fotoserie Rokytník (1990-1994), der tschechischen Künstlerin Jitka Hanzlová.

Hanzlovás poetische Hommage an ihr Heimatdorf Rokytník in Tschechien ist nun auch im Titel - Nach Rokytník - Ausgangspunkt nun auch die verdichtete Präsentation der gesammelten Kunstwerke, die ansonsten in den öffentlich zugänglichen Räumen des Energieversorgers die zeitgenössische Unternehmensphilosophie unterstreichen.

Poetisches in Neon

Während die Neonarbeit In Girum Imus Nocte Et Consumimur Igni (Wir irren des Nachts im Kreis umher und werden vom Feuer verzehrt) des walisischen Künstlers Cerith Wyn Evans auch im Besucherwarteraum der EVN sehr gut wirken dürfte, sieht die Präsentation der angekauften Videoarbeiten dort sicher nicht so gut aus wie im Museum, wo die Videos von international bekannten Künstlerinnen und Künstlern wie Florian Pumhösl, Ann-Sofi Sidén, Anri Sala, Markus Schinwald oder Milica Tomic in eigens errichteten Black Boxes laufen.

Zu den wenigen "Light Boxes", die die Handelsware der EVN zumindest indirekt visualisieren, gehören die zwei Leuchtkästen, in denen die russische Künstlerin Olga Chernysheva ihre Fotografien präsentiert, sowie die Kunststoffkugellampen der Kanadierin Angela Bulloch oder die Lichtskulptur Enlightenment B des dänischen Künstlers Jeppe Hein.

Umweltfreundlich

Ein bisschen weniger von den 80er-Jahren, aber mindestens ebenso viel Strahlkraft besitzen auch die nicht energiebetriebenen künstlerischen Positionen, die die "glokal" (Obrist) ausgerichtete Sammlung umfasst: neben den verchromten Autoreifen von Sylvie Fleury, in denen man sich zumindest spiegeln kann, verstehen es u. a. die farbenprächtigen, großformatigen Epoxidharz-Gemälde von Peter Zimmermann oder die gruseligen Latexmasken - Little Sperms - von Maurizio Cattelan, die Blicke magisch auf sich zu ziehen.

Auf die Reflexion gesellschaftspolitischer Problemstellungen im Zeitalter der Globalisierung setzen wiederum die Arbeiten von Johanna Kandl, Sabine Bitter & Helmut Weber, Jakob Kolding oder Andreas Siekmann, während sich die konzeptuell angelegten Positionen von Eva Bodnár über Thomas Locher bis Heimo Zobernig auf die Neuformulierung der traditionellen Medien und damit eher auf ästhetische Fragestellungen beziehen. Dass der Beirat der Sammlung offenbar schon auf Internationalität gesetzt hat, bevor das Unternehmen selbst den Wandel von einem regionalen Energieversorger zu einer international tätigen Unternehmensgruppe vollzogen hat, stellen dort auch weitere hochkarätige Kunstwerke von Douglas Gordon, Mike Kelley, Fischli & Weiss, Sarah Morris u. a. unter Beweis.

Mit der jüngsten Ostexpansion des Unternehmens gehen vermutlich auch die zahlreichen Ankäufe osteuropäischer Positionen einher: eine Zeitungscollage von Katarzyna Józefowicz, ein Selbstporträt von Pawel Althamer, ein Vitrinenobjekt von Roman Ondák oder ein vollkommen nutzloses, aber immerhin tragbares PVC-Aquarium mit CD von Boris Ondreicka.

Insgesamt wirken sich ihre Arbeiten, aber auch die unterschiedlichen kuratorischen Handschriften positiv auf die feine, wenngleich relativ abgesicherte Mischung aus. (DER STANDARD, Printausgabe, 05.07.2005)


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