VON ARIANE
GRABHER
Feldkirch (VN) Bunt oder uni: Die Tüte prägt das Erscheinungsbild
der Städte ebenso, wie sie aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken
ist. Grund genug für den Künstler Thitz, dem schein bar banalen
Transportbehelf in seiner Installation auf den Grund zu gehen.
In Tüten lässt sich etwas transportieren, während der
vielgestaltige Beutel seinerseits über seine Aufschrift eine
Information als gut sichtbare Botschaft jedermann ungefragt
entgegenschleudert. Tüten verkörpern für den 1962 in Frankfurt
geborenen Künstler Thitz denn auch ein Transportmittel, in dem
buchstäblich alles, vom Apfel bis hin zur Lebensphilosophie,
befördert werden kann. Die Tüte als "Vehikel für die
Lebensphilosophie", so Thitz, verrät mehr über ihren Träger, als
diesem vielleicht bewusst ist. Frei nach dem Motto "Zeige mir deine
Tüte und ich sage dir, wer du bist" hat Thitz seit 1986 bereits
flächendeckende Tütenbefragungen in verschiedenen Städten,
Tütenreisen in aller Herren Länder und ganze Serien von Tütenbildern
hinter sich.
Dass das Einstellen von Bildern in einem Raum wie der Feldkircher
Johanneskirche nicht funktionieren würde und ein ganzheitlicher Raum
nach einem ganzheitlichen Konzept verlangt, war für Thitz von Beginn
an klar. Mit einem wunderschön anzusehenden, mobile-artig von der
Decke abgehängten, im Kirchenraum schwebenden Globus aus Tüten und
meditativen gregorianischen, tibetischen und persischen
Klangelementen mündet die fertige Installation denn auch in die
Vorstellung einer ganzen Tütenwelt nach Thitz.
Unkritisch kritisch
Wie eine Signatur steht ein rot-gelbes Schuhpaar, Markenzeichen
des Künstlers seit vielen Jahren und ironischer Verweis auf die
Toten, denen der Raum eigentlich gehört, unter dieser
internationalen, vom Luxuslabel bis zum Billigdiscounter reichenden
Tütenwelt.
Dass eine Tüte aber nicht nur Einkäufe befördert, sondern bei den
so genannten "Bag-People" deren gesamtes Hab und Gut fasst, ist ein
gesellschaftskritischer Ansatz, der sich zwar ohne weiteres in die
Arbeit hineininterpretieren lässt, aber nicht zwingend so gesehen
werden muss. Thitz: "Die Arbeit ist so kritisch bzw. unkritisch wie
die Tüten selbst." In dieser umfassenden interpretatorischen
Freiheit liegt denn auch die Gefahr der Beliebigkeit der Thitz'schen
Tütenwelt angedeutet. Die derart voll gepackte Tüte kann alles sein
oder auch nichts, kann alles versprechen und nichts halten.