Man spricht Schönbrunner Deutsch

Als bildender Künstler und als Musiker gehört Walter Malli seit den 60er Jahren zur kreativen Avantgarde Österreichs.


Eine künstlerische Doppelbegabung zeigte der 1940 in Graz geborene Walter Malli immer schon - dass er aber auch ein organisatorisches Talent besitzt, zeigte sich deutlich erst zu dem Zeitpunkt, als er das Amt des Hausaufsehers im Schönbrunner Schloss übernahm.

Stadtbahnstation Schönbrunn, 1973 / ©Bild: W. Reichmann
Stadtbahnstation Schönbrunn, 1973 / ©Bild: W. Reichmann

Daheim, in Kakanien

Wer Walter Malli schon vor Jahrzehnten kennen lernen durfte, mag zum Schluss gekommen sein, seine Heimat sei "Kakanien", die k. u. k. Donaumonarchie. Seine Sprache war das "Schönbrunner Deutsch", und seine Geschichten, die er fabulierend erzählte, kreisten oft um die Besonderheiten der "österreichischen Seele", die nach wie vor von unsichtbaren Quellen aus monarchistischen Zeiten gespeist werden.

Doch um den Posten in Schönbrunn anzutreten, waren seine Kenntnisse im "Schönbrunner Deutsch" gar nicht Voraussetzung. Das Bewusstsein der Verantwortung führte zu einer umfassenden Identifikation mit den neuen Tätigkeiten. Wenn einige meinte, man habe Malli einen Versorgungsposten zur Sicherung seines Lebensunterhaltes verschafft, wurden sie bald Lügen gestraft. Sein Engagement in allen Bereichen übertrifft manche Vorstellungskraft.

Ein Bügelbrett für den Herrn Hofrat

So konnte man ihn etwa in der U-Bahn mit einem rieseigen Paket unterm Arm treffen. "Ich hab' da ein Bügelbrett eingekauft, damit man die Vorhäng' im Schloss manchmal g'rad bügeln kann," war seine Erklärung.

Walter Malli sei vermutlich der Einzige, der sämtliche Räume, Trakte und Winkel des Schlossareals kennt und mit Namen nennen kann, meint Franz Sattlecker, Geschäftsführer der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft. Er schildert, dass Malli einer der ersten Bediensteten war, die vom sicheren Bundesdienst in die nunmehr ausgegliederte Gesellschaft übergetreten sind.

Hofrat gibt's net!

Nur ein Problem habe es damals mit Malli gegeben, erinnert sich Sattlecker: "sein täglicher Lieblingsgruß "Guten Morgen, Herr Hofrat" war in Ermangelung dieses Titels obsolet geworden. Das traf ihn hart. Das Angebot, er könne sich eine Person seiner Wahl aussuchen und die täglich mit der gewohnten Formel begrüssen, schien ihm nicht wirklich ein Trost zu sein." Monatelang erzählte Malli davon im Freundeskreis, und er erhob empört seine Stimme, wenn er zur Conclusio ansetzte: "Hofrat gibt's net!"

Artist in der "Residenz"

Der neue Beruf in der Kaiser-Residenz hat trotz des intensiven Engagements, das Malli zeigte, seine künstlerischen Aktivitäten nicht geschmälert. Ohne dass er darauf bestanden hätte, haben die Mitarbeiter im Schloss ihn auch als Künstler anerkannt. Zuletzt wurde er als "Artist in Residence" freigestellt. Und nach dem Ende dieses Karenz-Jahres wird nun sein graphisches Werk in einer Ausstellung im Hofmobiliendepot in Wien gezeigt, das ebenfalls von der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft geführt wird.

Abstrakte Aquarelle vom Ende der 50er Jahre aus dem Zyklus "Salute to John Coltrane" und Tuscharbeiten aus den "Sufi-Meditationen", Karikaturen aus dem 60er Jahren, vor allem aber Zeichnungen und Radierungen mit Stadt-Landschaftten in kaleidoskopischen Anordnungen, werden in der Ausstellung unter dem Motto "Utopisches gegen den Mainstream" präsentiert.

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