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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
13. März 2009
16:04 MEZ

David (der Verführer) und Bathseba (die Unschuldige), 1534 von Lucas Cranach auf Lindenholz gemalt. Kostenpunkt: mehr als fünf Millionen Euro bei Bernheimer.


Zuversicht zum Auftakt
Viele internationale Kunstmessen kämpfen mit Absagen; zur Tefaf nach Maastricht pilgert hingegen eine Rekordzahl an Ausstellern

Alles davor fällt in die Kategorie Aufwärmen. Die Saison mag bereits elf Kalenderwochen auf dem Buckel haben, dazu erste viel versprechende Auktionsbilanzen und Messeevents - aus der Sicht des internationalen Kunstmarktes beginnt sie exakt jetzt. Nicht in London, New York oder Paris, sondern in der niederländischen Provinz. "50° 51' N, 5° 41' O" lauten die Anreisekoordinaten, auch für die in Maastricht jedes Frühjahr zigfach landenden Privatjets (2008: 225). Die TEFAF (The European Fine Art Fair) eröffnet, und für zehn Tage wird die idyllische Kleinstadt zum Mekka der Kunstwelt.

Als Mutter aller Kunst- und Antiquitätenmessen ist sie auch in ihrem 22. Veranstaltungsjahr absolut einzigartig und weiß das entsprechend zu zelebrieren: mit einem weltweit unvergleichlichen Aufgebot an Qualität, präsentiert von 239 Kunsthändlern und Galeristen und damit so vielen Teilnehmern wie noch nie.

17.000 Gläser Champagner und 6000 Austern bildeten Donnerstagabend das obligate Empfangskomitee. In den Tagen davor hatte eine Heerschar von Floristen 84.000 Rosen, knapp 60.000 Magnolien und Tulpen in der 31.000 Quadratmeter großen Halle des Maastrichter Messe- und Kongresszentrums verteilt. Ein Genuss für Ästhetiker, bloß nicht für Allergiker. Bis zum 22. März wird die Mehrheit der Aussteller hier ein Viertel, wenn nicht 60 Prozent des Jahresumsatzes erwirtschaften. Das ist erwiesen und wird erwartet. Dementsprechend groß ist die Nervosität unter den Kunsthändlern. Die jüngsten Auktionsumsätze machen zuversichtlich, auch die Chronik der Messe selbst.

Was hat es außerhalb des hier zusammengetragenen Qualitätsuniversums nicht schon für Krisen gegeben, denen man souverän parierte: Die Ölkrise Ende der 70er- Jahre meisterte man ebenso wie die beiden Golfkriege, die Baisse des Kunstmarktes Anfang der 90er genauso wie den jüngeren Verfall des Dollars und die ersten Vorboten der Aktienturbulenzen im Vorjahr.Der Flucht in Sachwerte sei Dank.

Mit höchstem Einsatz

Ein einziges Mal in der Geschichte der TEFAF bekam man auf die Frage nach Verkäufen von nahezu allen ein überraschendes "Nichts" zu hören. Das war 1998, als die holländischen Steuerbehörden mit VAT-Prügeln drohten. Von jedem einzelnen hier abgeschlossenen Besitzerwechsel wollte man profitieren, und also wurde offiziell nichts verkauft.

Inoffiziell könnte sich keiner der 239 angereisten Kunsthändler und Galeristen eine solche Bauchlandung leisten. Der finanzielle Aufwand der Teilnehmer schlägt sich, abgesehen von Standmiete oder Eigenpersonal, insgesamt mit geschätzten 14 Millionen Euro zu Buche. 150.000 Euro hat etwa Debütant Wolfgang Bauer (Bel Etage) bislang investiert, aber das ist dem Jugendstilspezialisten aus Wien der Eintritt in den Messeolymp des Kunstmarktes und die Chance auf Krönung seiner 30-jährigen Berufslaufbahn allemal wert. Jedes seiner Exponate hat den 996 Kilometer-Transport wohlbehalten überstanden, die Siebenladenkästchen von Josef Hoffmann (60.000 Euro) ebenso wie der kleine Blumentisch von Charles Rennie Mackintosh (250.000 Euro). Während der Vernissage verkaufte er bereits einige Hoffmann-Möbel, darunter eine Sitzgarnitur in die Schweiz und eine Vitrine nach Holland.

Zusammen mit Roman Herzig (Galerie St. Lucas) sowie Salis & Vertes (Salzburg) stellt er offiziell die Österreichfraktion. Inoffiziell hat auch anderes den Weg nach Maastricht gefunden, etwa das von Wienerroither & Kohlbacher angebotene Gemäldefragment von Egon Schiele. 9,5 Millionen Euro hatten die Wiener noch vor kurzem verlangt, bei Richard Nagy (London) starten die Verhandlungen jetzt bei 8,5 Millionen.

Optimismus herrscht derweilen an der Champs Elyseé, jenem Pfad, der die Sektion Alter Meister mit Zeitgenössischer Kunst verbindet. Statt im Palais Pallavicini hält auf Nummer 308 Roman Herzig Hof, im Angebot hat er zwei herrliche Salzkammergut-Ansichten Ferdinand Georg Waldmüllers. Auf Nummer 416 freut sich Thomas Salis bereits über das nennenswerte Interesse an Max Pechsteins, auf geblümtem Stoff gemaltem Interieur (980.000 Euro).

Der Auftakt verlief durchaus erfreulich, Bewölkung prognostizieren derzeit nur die Meteorologen. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 14./15.03.2009)

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