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31.10.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung | ![]() |
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Grimassen für Differenz und Wiederholung | ![]() |
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VON WALTER WEIDRINGER | ![]() |
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Wien Modern. Start mit Bernhard Langs Loop-Attacken. | ![]() |
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Die Nasenlöcher des Mannes, dem wir von unten ins Gesicht starren, sind fast so unsymmetrisch wie die Musikbrocken, die dazu von einer Wiederholungsschleife rastlos zur nächsten mäandern. Der Mann dreht langsam den Kopf, verzieht den Mund, bläht Backen und Nüstern - und erscheint durch die extreme Perspektive mit verbeulten Zügen und fantastischen Deformationen . . . Halle E im Museumsquartier, Eröffnung von Wien
Modern 2006. Über zehn Jahre ist es her, dass der Dichter Christian
Loidl seinem Freund, dem 1957 in Linz geborenen Komponisten Bernhard
Lang, ein Buch in die Hand drückte: "Differenz und Wiederholung" von
Gilles Deleuze. Lang, philosophisch durchaus vorgebildet, gesteht, die
erste Lektüre habe bisweilen Aggressionen bei ihm ausgelöst: "Dieser
Mann ist verrückt, ein verrücktes Buch:
unlesbar . . . " Doch seither ist viel Zeit
vergangen. Sowohl Deleuze als auch Loidl sind durch einen Fenstersturz
ums Leben gekommen, Lang hat eine gewaltige Werkreihe mit dem Titel
"Differenz/Wiederholung" (kurz "DW") komponiert und von eins bis
derzeit 17 durchnummeriert. Was wie säuberliche Ordnung erscheint, ist
in Wahrheit eine komplexe Wucherung von Querverweisen und vielfältigen
Bezügen, ein Rhizom ohne Anfang und Ende - auch wenn einst ein DJ-Set
die konkrete Anregung gewesen sein mag: Differenz und Wiederholung auf
den Turntables. Bernhard Lang trachtet, Deleuzes "Methode" in Musik
zu setzen - selbst wenn dieser gar keine formuliert hat. Differenz ist
auch bei ihm die Triebfeder jeder Bewegung und Entwicklung; seine auf
Wiederholung komplexer Muster basierende Musik hat aber mit
Minimalismus-Monotonie nichts am Hut. "DW 2", 1999 auf Texte von
Deleuze, William S. Burroughs und Loidl entstanden, arbeitet sich
imponierend ab an der Dialektik zwischen Bestand und Veränderung,
Erinnerung und Vergessen, Wachheit und Betäubung. Im Museumsquartier scratchte das elektronisch
unterfütterte Ensemble intercontemporain unter Francois-Xavier Roth
(trotz kleinerer technischer Havarien) vorschriftsgemäß virtuos durch
Langs Partitur, in der der kurdische Sänger Risgar Koshnaw, die
klassische Sopranistin Renate Wicke und der Rapper Todd ihre
musikalisch-textlichen Ebenen zu neuem Sinn ineinanderschoben. Was zunächst wie eine prasselnde musikalische
Sturzflut erscheint, sinnlich durch stimmungsvollen Reichtum und
rhythmische Verve, entpuppt sich als ebenso sinnfällig gegliedertes
Fontänenwerk, büßt dabei aber nichts von seiner ursprünglichen Gewalt
ein. Waren es anfangs die Loops des Experimentalfilmers
Martin Arnold, die Langs Musik begleiteten, setzte Laurent Goldring in
seiner neuen Visualisierung auf, nun ja, Differenz: Dem energetischen
Überdruck brodelnder Hektik stehen ruhigere, langsam sich entwickelnde
Szenen gegenüber, die auf Eigengesetzlichkeit pochen. Keine schlechte
Möglichkeit. Auch wenn eingangs Fausto Romitellis Transgressionen in
"Professor Bad Trip" kaum lustvoll und zwingend, sondern mehr penibel
und steril erklangen: ein starker Auftakt für Wien Modern. |
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