Hohenems (VN-cd) Auf dem Weg ins
Office auf einen gemalten Frauenakt blicken zu müssen, das ist
einigen Mietern im Zentrum "At & Co" in Hohenems nun etwas zu
bunt geworden. Sie fordern nackte Wände statt nackter Haut.
Zumindest dort, wo kein Ausweichen möglich ist. Eine begrüßenswerte
Kunst-Initiative hat den ersten Konflikt auszutragen.
Sigrid Hutter zählt zu den Vorarlberger Künstlerinnen
jüngerer Generation. Ihre Arbeiten - vor allem die Akte - waren
bislang von feministischem Engagement gekennzeichnet. Im Allgemeinen
sind sie es immer noch. Hutters Frauen treten ihren Betrachtern
selbstbewusst entgegen, zuweilen thematisiert bzw. demaskiert sie
auch voyeuristische Begierden. "Die Bilder haben nichts
Sexistisches", meint die Künstlerin, "und sie verletzen auch nicht
die Würde der Frau."
Eine alte Frage
Mit Vertretern der "Prisma"-Unternehmensgruppe,
die das Haus verwaltet und die Kunst-Initiative startete, sei der
Inhalt der Ausstellung abgesprochen worden. Im Klartext: Man wusste,
was an die Wände kommt.
Eine gute Woche nach der Ausstellungseröffnung regt sich nun
Widerstand. Es geht jetzt letztlich um die alte Frage, ob und welche
Rücksichten bei Ausstellungen außerhalb von Galerie- und
Museumsräumlichkeiten zu nehmen sind. "Prisma"-Geschäftsführer Egon
Hajek steht nach wie vor hinter seiner Entscheidung, die zur
Eröffnung der Schau führte.
Keine Konfliktscheu
Er scheut sich nicht vor Konflikten, will ihnen nicht
aus dem Weg gehen, andererseits "die Leute aber auch nicht von
vornherein vor den Kopf stoßen". Man versucht sich mit der
Künstlerin auf die Umhängung einiger Exponate zu einigen. Er wünscht
sich, dass vor allem das schöne Atrium des Gebäudes ein Podium für
zeitgenössische Kunst wird. "Hier arbeiten Leute mit Kompetenzen im
Bereich der Wirtschaft, die vielleicht noch keinen Zugang zur Kunst
gefunden haben. Wir möchten Kunst und Wirtschaft zusammenbringen."
Das könne auf ganz unterschiedliche Weise geschehen, so Hajek. Im
Competence Center Rheintal in Lustenau hat man etwa jungen
Graffitikünstlern einen Auftrag beschert.
Für "At & Co" soll - auch in Absprache mit Kunstfachleuten -
noch ein Weg gefunden werden. Hajek kann sich auch Ausstellungen mit
Videoarbeiten gut vorstellen und glaubt trotz der ersten heftigen
Diskussionen an die Möglichkeit einer gewinnbringenden Annäherung
und Auseinandersetzung.
Arbeiten der Vorarlberger Künstlerin Sigrid Hutter im
Zentrum "At & Co" in Hohenems.
Ich gehe Konflikten nicht aus dem Weg, will die Leute aber
nicht vor den Kopf stoßen.
EGON HAJEK "PRISMA"
Die Bilder haben nichts Sexistisches und sie verletzen auch
nicht die Würde der Frau.
SIGRID HUTTER KÜNSTELRIN