Salzburger Nachrichten am 13. September 2002 - Bereich: kultur
Laufsteg für Kunst-Ideen

Heute, Freitag, eröffnet in Wien das "quartier 21" im Museumsquartier. Eine viertel Meile Angebote und Anregungen aus Kunst und Kultur.

LASZLO MOLNAR

Vierhundert Meter reiner Barock. Das ist die Fassade des Museumsquartiers in Wien. Eine Strecke, bei der man sich schon sehr wohl überlegt, welches Tempo man vorlegen wird. Flanieren und sich in den Details ergehen? Schnell vorbei, um die Strecke hinter sich zu bringen? Immer aufs Neue ist diese Fassade des Bernhard Fischer von Erlach eine Herausforderung, hat sich über die fast vierhundert Jahre ihres Bestehens eine Energie, Vitalität und Spannung erhalten, mit der es nur wenige Bauten aus späteren Zeiten aufnehmen können. Diese Fassade ist es wert, etwas nicht minder Spannendes mit ihren Mauern zu behüten. Nun ist es da. Das quartier 21 wird heute, Freitag, um 19 Uhr eröffnet.

Aufprall verschiedener Interessen

Dieses jüngste Mitglied des gro-ßen Komplexes "Museumsquartier Wien" ist ein schon sehr oft besungenes. Zur Rekapitulation: Das quartier 21 ist die vom MQ organisierte Nutzung des barocken Trakts der ehemaligen kaiserlichen Hofstallungen. Die spezielle Architektur langgestreckter Hallen machte eigene Vorgaben; dann prallten die Interessen von einstmaligen Nutzern - überwiegend kleinere Kulturorganisatoren - und der Leitung des Museumsquartiers aufeinander. Das MQ verfolgte zwar seine Ziele, war aber auch zu Kompromissen bereit. Und so ist das quartier 21 in jeder Hinsicht ein Kompromiss geworden. Kompromiss aber im positiven Sinn, im Sinne von Versöhnung und Verbindung, von Erfüllung und Ausgleich.

Von Seiten der Architektur wird der Länge und der Würde der Trakte durch Einbauten entsprochen, die sich kontinuierlich horizontal ausdehnen und zugleich in alle Richtungen einfalten, verwerfen und verwinkeln. Diese Falten und Winkel bilden Räume, für Ausstellungen, für Installationen, für Geschäfte oder Büros.

Diejenigen, die sich im quartier 21 zu dessen günstigen Konditionen (Mieten zwischen 5 und 7,50 Euro pro Quadratmeter) einmieten, müssen einige Fantasie entwickeln, wie sie diese Raum-Öffnungen nutzen und für Besuchter attraktiv machen. Und zudem der Themenvorgabe - "Transeuropa" nach Süden, "Electric Avenue" nach Norden - für ihre eigenen Zwecke gerecht werden.

Am Anfang von "Transeuropa" zum Beispiel steht die "Bundesländer-Plattform", die hier "A9 forum transeuropa" heißt - "A9" mit bezug auf die neun Bundesländer Österreichs. Zur Eröffnung zeigt dort das Land Niederösterreich eine Foto-Schau zu Kunst im öffentlichen Raum. Zwei Winkel weiter eine Säule, ein Bildschirm, eine Tastatur. Im Raum von "Kulturkontakt" (52 Quadratmeter auf zwei Ebenen) kann man sich bei Information über Kunst und Künstler aus Osteuropa selbst bedienen. Zur Zeit läuft "Piroschka", ein Projekt der rumänischen Künstler Lia und Dan Perjovschi.

Mehr "quartier", kaum "Museum"

In "Electric Avenue" werden Musikproduzenten ihre Pavillons beziehen und Verlage; "Medienquartier 21" versteht sich als ein "Showroom für Netzkunst und Medienkunst"; oder eine Gruppe wie "Monochrom", die eine Seite zur Erläuterung ihrer Vorhaben braucht und doch kaum auf den Punkt kommt. Man wird sehen: die Benutzer, die Besucher, die Vermieter. Zwei Jahre können sich die 22 Initiativen und Gruppierungen nun im quartier 21 präsentieren; dann wird neu verhandelt.

Vor allem in der "Electric Avenue" warten die fertigen Räume noch auf ihre Mieter. Aber bereits jetzt machen die Winkel, Ecken und Falten schon neugierig. Verführen zum Weitergehen und Entlangschauen. Man kann es auch im Eildurchgang durchqueren, parallel zur Fassade. Das Innere hält, was die Fassade verspricht. Und auch der Prospekt: "Eine Flaniermeile" für Kunst und Kultur. Die Theorien, Pläne und auch die Hoffnungen, die mit dem quartier 21 verbunden waren, haben gute Chancen, im mutig eröffneten Spannungsfeld zwischen der historischen Hülle und dem heutigen Inneren Wirklichkeit zu werden.

Das Eröffnungsprogramm des "quartier 21" geht über das ganze Wochenende. Die Mieter im quartier 21 präsentieren ihre Angebote und Arbeiten. Aufführungen in den Höfen heute ab 20 Uhr. Samstag und Sonntag offen ab 10 Uhr, die letzte Veranstaltung beginnt jeweils um 17 Uhr. www.mqw.at.