Es wird wohl jedem schon einmal so ergangen sein: Da setzt sich
irgendein alter Austro-Hadern in den Gehörgängen fest und man weiß wieder
mal nicht, von wem der Ohrwurm stammt! Wann er entstanden ist, ob und wo
man ihn kaufen kann, etcetera, etcetera. Wem solches widerfährt, dem kann
geholfen werden – völlig kostenlos noch dazu.
Ursprünglich gar nicht als Service-Einrichtung geplant, gehört nämlich
die Bearbeitung von Anfragen Wissensdurstiger derweil zu einem
erklecklichen Teil der Arbeit des SR-Archivs. Ins Leben gerufen wurde die
„Musik-Sammelstelle“ von Johannes Dibon, Informatiker und Ex-Musiker sowie
Wolfgang „Fadi“ Dorninger, der auch heute noch in unzählige Musikprojekte
involviert ist. Nach dem Aufbau der elektronischen Datenbank und der
Etablierung der elementaren Infrastruktur wandten sich die beiden wieder
verstärkt anderen Tätigkeiten zu, und überließen das Tagesgeschäft
anderen, nicht minder kompetenten Mitarbeitern. Im Vorstand des als Verein
statuierten Forschungsarchivs sind sie aber noch immer vertreten.
Online-Musikdatenbank
Das Konzept der SR-Tätigkeit besteht im wesentlichen aus drei
Elementen. Erstens die modular aufgebaute Datenbank mit Online-Zugang, mit
der alle relevanten Daten wie Interpreten, Personen, Firmen, Tonträger,
Film und Video, Plakate, Flyer etc. verwaltet werden. Dieses
Informations-Eldorado ist bereits seit 1995 kostenfrei online zugänglich,
womit SR einer der ersten Online-Content-Provider mit strukturiertem
Informationsangebot überhaupt war.
In der Datenbank finden Sie mit Sicherheit auch jede noch so obskure
Single B-Seite vom singenden Schwager, der diese seinerzeit in
Eigenproduktion (Auflage: 100 Stück!) aufgenommen hat. Zumindest dann,
wenn dieser (der Schwager) das Archiv mit seinen Daten „gefüttert“ hat. Zu
diesem Zweck gibt es sogenannte „Feed-Us“ Formulare, womit man selbst
Einträge in das Datenbanksystem vornehmen kann. Also: Ein Mindestmaß an
Eitelkeit und man ist dabei!
Das zweite Element des Archivs ist die physische Dokumentation. Den
Gründervätern war es ein Anliegen, Schallplatten, CDs, Videos, Werbemittel
und Informationsmaterial zu archivieren und der Öffentlichkeit frei
zugänglich zu machen. Operiert wird dabei mit einem sehr umfassenden
Begriff von Popularmusik. Ins Archiv aufgenommen wird von elektronischer
Musik jeglicher Art bis zum Grenzbereich des gepflegten Schlagers so
ziemlich alles.
Austro-Pop und Jazz sowieso, Volks- und klassische Musik kommen nicht
in die Tüte – werden diese Genres schließlich schon von anderen
Institutionen aufgearbeitet. Unterstützt wurde der Aufbau des Archivs vom
Musikmanager Walter Gröbchen, der SR den Österreichanteil seiner
Plattensammlung – immerhin nicht weniger als 4000 Tonträger – als Leihgabe
zur Verfügung gestellt hat. Interessierte haben dabei zu Bürozeiten gratis
Zugang, verliehen wird nicht.
Informationsfluß
Damit den Mitarbeitern die Decke nicht auf den Kopf fällt, bedarf es
noch einer dritten, architektonischen Stütze, dem Informationsbüro. Diese
Kompetenz hat sich nach und nach eher ungewollt entwickelt, sind doch die
Diskothekare mit der Erledigung und Sichtung des Materials mehr als
ausgelastet. Zumal auch noch die geplante Aufarbeitung der Popularmusik
seit 1945 der Durchführung harrt. Der Informationsfluß zum und vom Büro
wird großteils via E-Mail abgewickelt und beansprucht mittlerweile einen
Gutteil der Geschäftstätigkeit. Dabei werden Kontakte zwischen Musikern,
Veranstaltern, Plattenfirmen, Journalisten und Konsumenten geknüpft.
Besondere Attraktivität genießt das österreichische Pop-Gedächtnis bei
jungen, noch nicht so bekannten Bands, können diese doch ohne viel Aufwand
den erfolgreichen Internetauftritt von SR für ihre Zwecke nützen und damit
eine breite Öffentlichkeit erreichen. Die Page-Visits haben sich auf den
beachtlichen Wert von 4000 bis 5000 pro Monat eingependelt, mehr als die
Hälfte kommen nicht aus Österreich. Mitverantwortlich dafür ist die
hervorragende Verlinkungsdichte, durch die man bei fast jeder
Internetsuche im Zusammenhang mit österreichischer Popmusik auf der
SR-Website landet.
Gegenwärtig noch im Hinterhof des MICA-Hauses (Music Information Center
Austria) am Spittelberg untergebracht, wird die Pop-Forschungsabteilung SR
ihre Zelte ab Mitte 2002 im nur wenige Steinwürfe entfernten Kultur- und
Medienzentrum Museumsquartier aufschlagen. Geplant ist ein Music-Space
unter Beteiligung von SR, dem Musik- und Kunstlabel Sabotage, Laton
records, t-ton tonstudio sowie einem Plattenladen namens bounce. Das Ganze
wird dann zusammen auf den klingenden Namen „Spoiler“ hören.
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Die Presse | Wien