Letzte Jahresvorschau des scheidenden
MAK-Direktors Peter Noever
Schneekugel als Trost
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Letzte Präsentation unter kämpferischen Parolen: Direktor Peter Noever.
Foto: apa/Techt
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Von Brigitte
Borchhardt-Birbaumer und Christoph Irrgeher
![Aufzählung Aufzählung](00092034-Dateien/wzfeld.gif)
Ausstellungen
zu Rudolf Steiner und Helmut Lang.
![Aufzählung Aufzählung](00092034-Dateien/wzfeld.gif)
Noever: Vorwürfe gegen ihn "haltlos".
Wien.
Das Geschenk zur letzten Jahresvorschau von MAK-Direktor Peter Noever
stimmt traurig: Es ist das unrealisierte Projekt der Außenstelle im
Gefechtsturm Arenbergpark – stark verkleinert und umhüllt von einer
Schneekugel.
Das Vorhaben gehört, ebenso wie eine Plattform über den Wienfluss, zu
den in Utopie verharrenden Projekten der 26-jährigen Ära Noever.
Immerhin: 16 Jahre gibt es das Schindlerhaus in Los Angeles und
andere Außenstellen, wie jene in Brtnice, Tschechien. Dort, in Josef
Hoffmanns Geburtshaus, wird sich ab Juni der 80-jährige Oswald Oberhuber
mit dem Genius loci messen. Als Motto für sein letztes Jahr ruft
Noever, der sich stets als Vorkämpfer des Zeitgenössischen gerierte, das
Motto "Kunst statt Kompromiss" aus.
Zu wenig nachbezahlt?
Stellt sich die Frage, wie ein neuer Direktor mit den
kostenintensiven Außenstellen und prestigeträchtigen Kooperationen
verfahren wird. Die Schenkung eines weiteren Hauses von Architekt
Rudolph Schindler durch ein Ehepaar wird wohl erst in 50 Jahren
spruchreif.
Die Ausschreibungsfrist für Noevers Nachfolge (54 Bewerber haben sich
gemeldet) ist dagegen vor zwölf Tagen abgelaufen. In den Folgemonaten
will das Kulturministerium entscheiden. Durch den Passus der
Ausschreibung, dass Erfahrung mit Universitäten erwünscht sei, entstand
das Gerücht, die akademieerfahrene Eva Schlegel könnte Direktorin
werden: eine Künstlerin aus Noevers engerem Kreis. Doch aus dem machen
sich wohl noch andere Hoffnungen. Für Noever wäre der Abschied dann
leichter.
Keine Fortsetzung will der Direktor dagegen in der Debatte um nicht
gezahlte Mietanteile für MAK-Räume anlässlich von vier Geburtstagsevents
für seine Mutter. Noever hat deswegen nachträglich 10.000 Euro gezahlt.
Alle anderen Angriffe der Vormonate, so Noever, hätten sich nach
Abschluss einer Wirtschaftsprüfung als haltlos herausgestellt.
Jedoch: Mit Verweis auf diesen Bericht von PricewaterhouseCoopers
heißt es aus dem Ministerium, dass Noever 21.740 Euro zahlen müsste.
Ansonsten erwarte man eine Erklärung. Diese, so eine Sprecherin, könnte
aber in begründbaren Abschlägen gefunden werden.
Seine eigenen Mitarbeiter nennt Noever jedenfalls das "best team of
the town". Dass Noever das MAK durch Zusammenarbeit mit internationalen
Künstlern und Kuratoren geöffnet hat, ist ihm nicht abzusprechen. Und
dass er das eigentliche Profil eines Museums für angewandte Kunst mit zu
viel Gegenwartskunst konterkariere, ist ein Vorwurf, der im Sinne eines
heutigen, erweiterten Kunstbegriffs obsolet ist. Dem folgten schon
Joseph Beuys und sein großer Lehrmeister, nämlich Rudolf Steiner.
Diesen Utopisten mit spezieller Nähe von Kunst und Religion würdigt
die größte Ausstellung des Jahres als Architekten, Designer und
Schulreformer. Es handelt sich jedoch um eine Übernahme von den
Kunstmuseen in Wolfsburg, Stuttgart und dem Vitra Design Museum. Bleibt
zu hoffen, dass sich die Schau kritisch mit dem Phänomen
auseinandersetzt. Bis Dezember bleiben dann leider beide
Ausstellungshallen – außer für Vermietungen – unbespielt. Zuletzt wird
eine Helmut Lang-Schau Skulpturen und Installationen des ehemaligen
Modeschöpfers zeigen. Der Künstler selbst wird nicht in Wien auftreten –
eine Verweigerung, die jedenfalls Noevers Avantgarde-Auffassung
entspricht.
Weniger kompromisslos die Wahl der "Künstler im Fokus": Walter
Pichler und Erwin Wurm werden die letzten Anstrengungen gelten, einige
Werkblöcke durch Sponsoren ins Haus zu holen. Bleiben noch zwei
Ausstellungen im Kunstblättersaal und Präsentationen in den Schau- und
Studiensammlungen (u. a. über chinesische Kunst des 19. Jahrhundert):
ein nicht gerade fulminantes Finale. Der Sparstift bleibt bitter
spürbar. Und die Schneekugel ein kleiner Tröster.
Website
MAK
Printausgabe vom Mittwoch, 02.
Februar 2011
Online seit: Dienstag, 01. Februar 2011 19:06:00