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Kunstberichte

Secession: Angela Bulloch, Klub Zwei und Editionen

Ist zeitlose Kunst noch aktuell?

Alte Referenzen:

Alte Referenzen: "General Idea". M. Herrmann/Secession

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Sozialkritische Interventionen sind seit den 70er Jahren "in" – heute würde vermutlich von einem "hype" sprechen. Technisch perfektioniert ist auch die Lichtkunst ein alter Hut, begannen doch Waltraut Cooper oder Helga Philipp selbst in Österreich vor bald 40 Jahren damit. Bei Multiples und Editionen geht ohne die Erinnerung an die "Intuitionsbox" von Joseph Beuys gar nichts. Reaktionen auf diese für alle erschwingliche Kunst finden sich in der Ausstellung "Editionen" im Grafischen Kabinett der Secession, u.a. aus den Jahren 1969–1994 von "General Idea", in einem Dialog mit der Musik von "En/Of", aber auch die Grazer "Edition Atelier" ist dabei.

"Klub Zwei" sind Simone Bader und Jo Schmeiser; die beiden arbeiten zwischen bildender Kunst, Film, neuen Medien und greifen in die jeweilige Architektur ein. Vor allem reagieren sie aber kritisch auf politische Themen wie Rassismus, Migration und Antisemitismus. Im allzeit zeitbezogenen Gegenwartskunsttempel Secession (in der Galerie) widmen sie sich der Geschichte des Phaidon Verlages. Renommierte Kunstbücher wie "Zeitlose Kunst" wurden zuerst 1933 in Wien, dann 1938 als "Art without Epoch" in London publiziert. Dazwischen liegt der Pro-forma-Verkauf an einen englischen Verlag und die Emigration der jüdischen Besitzer und ihrer Familien. "Klub Zwei" interessiert dabei die internationale Orientierung selbst im Schriftbild und die Nachwirkungen des Verlusts von "Muttersprache". Videoinstallationen geben die Möglichkeit, von den Erben des bekannten Kunstbuchverlages Auskunft über die Nachwirkungen von Exil und Shoa zu erfahren. Ein weiterer Beitrag zum Gedenkjahr 2005.

Ästhetischer Lehrgang

Im Hauptraum ist mit Angela Bulloch eine der gesuchtesten Gegenwartskünstlerinnen bis 13. November mit einem Gesamtkunstwerk aus Ton, Video, Text und Lichtobjekten am Werk. Sie reagiert auf die "Bühnensituation" des Raumes mit ihren pulsierend leuchtenden Pixelboxen. Diese senden Modulationen von Rot, Grün und Blau in die abgedunkelte Umgebung. Neben den postminimalistischen Boxen gibt es drei Projektionen eines Tänzers, eines Schauspielers und einer Performancekünstlerin. Zusammen ergibt das eine Choreografie des Experimentellen, gut abgestimmt in Rhythmus, Ton und Farben. Seitlich kommen labyrinthische Installationen für Poster, Monitore usw. auf Tischen dazu. Wieder kann der Besuch auch als ästhetischer Lehrgang durch die Kunstgeschichte aufgefasst werden: Albers, Judd, Sol Lewitt oder auch Warhol sind präsent.

Dienstag, 27. September 2005


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