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Aus der Heimat der Bräune

Quer durch Galerien

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Stell dir vor, es ist Weltfrieden und nur die Schweizer gehen hin. Na gut, diese Definition vom Zweiten Weltkrieg ist nicht unbedingt wissenschaftlich. Aber egal. Das merkwürdige Ding jedenfalls, das in etwa so groß ist wie ein kleines Mammut und das noch bis 23. November in der Galerie Hofstätter (Bräunerstraße 7) steht, scheint ein Fossil aus diesen "weltfriedlichen" Tagen zu sein, sprich: aus der braunsten aller Zeiten. Und dürfte direkt aus der Heimat der Bräune kommen. Es handelt sich eventuell um ein mutiertes "arisches" Insekt, das zweifellos ein Anwärter für das Mutterkreuz gewesen ist, dem man aber trotzdem nur das schlichte Hakenkreuz verliehen hat. (Keine Sorge, auch ich hab bis jetzt nur Bahnhof verstanden.)
Bruno Gironcoli, den ich nicht bloß wegen der Solidarität zwischen zwei gebürtigen Villachern schätze, hat diese monströse Fortpflanzungsmaschine 1972 gebastelt. Und wie's so seine Art ist, macht er zuerst unübersehbare Anspielungen, klebt zum Beispiel irgendwo die Rune der Blonden und Blauäugigen hin und lässt einen dann damit allein, bis man vor lauter wüsten Spekulationen deliriert. Aber weiter im Delirium äh im Text: Bei genauerer Betrachtung ist der insektoide Kopf ja eher ein weibliches Geschlechtsorgan. Dort kommt wohl die Herrenrasse Stück für Stück heraus. "Figur aus gleichförmigen Teilen" heißt das Opus vermutlich wegen der in Zweierreihen marschierenden, völlig gleichen und irgendwie humanoiden "Panzerschuppen". In Diktaturen hat man die Menschen halt gern so unpersönlich wie das Essen aus der Gulaschkanone, wie gleichgeschaltete Suppenteller.
Gironcolis plastisches Frühwerk, aus dem hier wirkliche Schmankerln zu sehen sind (ganze obsessive Welten), war mitunter recht barbarisch, geradezu bestialisch brutal. Etwa die "Große Messingfigur". Eine Mischung aus Turnzimmer und strenger Kammer. Lebensgroß. Turngeräte für die Fantasie des Betrachters sozusagen. Quasi zur psychischen Ertüchtigung. Da kann man praktisch den ganzen Marquis de Sade herumturnen lassen. Schon vom Hinschauen bekommt man Lust auf ein Pflasterl. Oder greift sich reflexartig schützend ans Gesäß - sobald man auf der doppelbettgroßen Matte die zwei riesigen Dornen bemerkt hat. Spießen sich da die Eheleute über Nacht auf? Masochismus für zwei? Synchronakupunktieren bzw. "-bajonettieren"? Auf jeden Fall ein Ort für ein äußerst unromantisches "Fleisch-Duett" ("Sex" klingt ja schon so abgedroschen). Das meiste Charisma in der Schau hat aber die verspielte "Figur auf einem Punkt stehend". Ein mannshohes Stehaufmännchen. Ein Phallus (die Porträtähnlichkeit ist zumindest nicht wegzuleugnen), der nicht wirklich umzukippen ist. Das musste mir natürlich auffallen.
In ein Gesicht von Tony Oursler (bis 30. November in der Galerie Steinek, Himmelpfortgasse 22) schaut man in der Regel gespannt hinein wie in einen Fernseher, weil da die Mimik wie ein Film abläuft und ja tatsächlich ein Film ist, der auf einen Fetzenschädel projiziert wird und der der dazugehörigen Puppe eine imposante Persönlichkeit einhaucht. Diesmal freilich hat man es mit einer ziemlich prosaischen flachen Scheibe zu tun, auf der ein Gesichtergewirr wild durcheinander flüstert, brabbelt, schweigt oder singt. Ein bisschen vermisse ich die Puppen halt schon, die so eindringlich zu einem gesprochen haben.

Erschienen am: 08.11.2002

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