Keine Angst vor Gegensätzen

PPAG, BEHF, querkraft und AllesWirdGut heißen die vier Büros, die für den Umbau des quartier21 verantwortlich sind.


"Wir hörten schon oft, dass unsere Architektur im Gegensatz zum Barock stünde. Wir empfinden das Gegenteil. Alte Bauten werden durch neue Nutzung belebt und geehrt." PPAG (Anna Popelka, Georg Poduschka) haben im quartier21 die "Electric Avenue" gestaltet. "Wien hat es verabsäumt, mit dem Museumsquartier ein gewagtes Konzept zu verwirklichen", kritisiert das Duo mit Blick auf das Centre Pompidou, gestehen dem Areal aber doch eine "großstädtische Note" zu.

Im barocken Tonnengewölbe errichtete PPAG eine Pavillonstruktur mit Einheiten, die größenmäßig variabel sind. Die Einbauten stehen als Großmöbel mit 300 Quadratmeter vermietbarer Fläche selbstständig im Raum. Eine konkrete Form soll erst durch die Nutzer entstehen. Zur Straße kann das Geschehen in den Büros miterlebt werden, und umgekehrt soll die Atmosphäre auf der Kultur-Flaniermeile die Arbeitsatmosphäre beeinflussen. Der Anteil am quartier21 soll jedenfalls ein Vorzeigeprojekt für PPAG werden, wie schon der eben fertig gestellte Klimawindkanal Wien in Floridsdorf, oder der Wohnbau in der Praterstraße.

querkraft

Gleichfalls kritisch zur Gesamtanlage des Museumsquartiers äußern sich Querkraft (Jakob Dunkl, Gerd Erhartt, Peter Sapp, Michael Zinner). Von ihnen stammen die Buchhandlung Prachner und die Kantine der MQ-Mitarbeiter. "Es ist ein zu hermetisches Arreal, unverständlich, warum von außen keine Aktivität sichtbar sein darf".

Neben Einfamilienhäusern in der Umgebung Wiens errichtete querkraft kürzlich ein Betriebsgebäude für die Großbildproduktionsfirma Trevision und gestaltete den Vorplatz der Twin-Towers am Wienerberg. Die Buchhandlung Prachner im Museumsquartier zeichnet sich durch Übersichtlichkeit und Großzügigkeit aus. Die Mitte des ovalen Raumes wurde frei gelassen. Rundum läuft ein "Buchband", ein zwei Meter hohes Regalsystem. Auch für Flexibiliät ist gesorgt. Verschiebbare Kuben können für Veranstaltungen und Präsentationen genutzt werden. "Uns interessieren nur Lösungen mit Doppelnutzen. Das ist der Pragmatismus. Die Poesie ist darüber hinaus das, was gute Architektur ausmacht: Spannung", erläuterte Jakob Dunkl von querkraft die Eigenschaft des "Poetischen Pragmatismus".

AllesWirdGut

"Die junge Generation jammert weniger und verschwendet ihre Energien nicht in sinnlosen Konkurrenzgemetzeln", meinte das Architektenteam AllesWirdGut im APA-Gespräch auf die Frage, was der Unterschied zwischen der etablierten und der jungen Architekten-Generation sei. Die Gestaltung der Themenstraße "Transeuropa" im quartier21 passte den Newcomern mit dem Durchschnittsalter 30 Jahren gut ins Profil, geht es doch um Alltagskultur, Mode und Design.

AllesWirdGut (Ingrid Hora, Andreas Marth, Friedrich Passler, Herwig Spiegl, Christian Waldner) haben schon unterschiedliche Projekte realisiert wie Don-Gil-Shops, Einfamilienhäuser oder eine Fußgängerzone in Innichen (Südtirol). Im quartier21 schaffte ein frei im Raum stehender Möbeleinbau Basisstationen für die einzelnen Kulturanbieter. Das flexible nutzbare Möbel erstreckt sich als verbindendes Element über die gesamte Länge der Gebäudespange. Durch die Ausbildung einer Galerieebene entstanden Räume unterschiedlichster Bespielungsqualität, die ergänzende Möblierung mit temporären, mobilen Einbauten macht den gesamten "Transeuropa"- Bereich flexibel bespielbar.

BEHF

"Trotz heftiger und oft kleinmütiger Auseinandersetzungen ist das Museumsquartier das Flaggschiff österreichischen Potenzials. Für uns war es eine Auszeichnung, dieses Projekt übernehmen zu können", zeigten sich BEHF stolz auf ihre Arbeit. Das junge Team (Stefan Ferency, Susi Hasenauer, Erich Bernard, Armin Ebner) kann auf eine Reihe interessanter Arbeiten verweisen: das hippe Wiener Innenstadtlokal "Fabio's" etwa, oder neuere Filialen der marodierenden Kette "Libro", Schuhgeschäfte und Bürohäuser. Alles nach den eigenen Vorgaben der "Klarheit, Schnörkellosigkeit und Souveränität".

BEHF übernahmen im quartier21 den Umbau des Ovaltraktes und die Gestaltung der multifunktionalen Erste-Bank-Arena. Letztere ist als Veranstaltungsbereich vorgesehen. Das historische Gewölbe ist jetzt von einer weichen, perforierten "Haut" umspannt, um eine gewisse akustische Qualität zu erhalten. Der Boden wurde mit hellem Sandstein versehen. Als flexible Möbel-Elemente dienen Seitenbänke und in der Dunkelheit leuchtende Koffer-Kuben, die man auch als Stauraum verwenden kann.

Im Dachgeschoß des Ovaltraktes wurden Studios, Gästezimmer und Arbeitsräume untergebracht. Durch die teilweise Öffnung der Dachhaut entstanden kleine Innenhöfe, die als Pufferzone zwischen öffentlicher Passage und Wohn- und Arbeitsräumen dienen sollen. BEHF empfanden die Zusammenarbeit mit sowohl der Museumsquartier-Errichtungsgesellschaft, als auch mit den anderen Architektenteams als äußerst angenehm. "In diesem Sinn ist es eigentlich bedauerlich, dass das von gegenseitiger Unterstützung und Kompetenz getragene Projekt nun plangemäß abgeschlossen wird", meinten die Architekten.

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