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06.03.2003 23:36

Die Skulpturen im Keller der Hofburg
Teile der ausgegliederten Artothek werden nicht vertragsgemäß gelagert





Wien - Im Sommer 2000 überprüfte der Rechnungshof die Gebarung der Artothek. Und empfahl, deren "Bestände den fachlich in Betracht kommenden Bundesmuseen" zu übertragen. Das Bundeskanzleramt kam dieser Empfehlung nicht nach: Statt die Sammlung aufzuteilen, fragte man bei diversen Museen an, ob sie an einer "Verwahrung von ca. 25.000 Objekten der bestehenden Artothek" interessiert seien. Die Museen lehnten dies ab: Die Graphische Sammlung Albertina z. B. sammelt Grafik - und hat für Gemälde, Skulpturen etc. keine Verwendung.

Interesse bekundete aber die Theaterservice GmbH am 26. Juni 2001, drei Tage vor Ende der Frist: Sie verlangte einen Jahrespauschalbetrag von 166.116 Euro. "Gleichzeitig" (laut Kunststaatssekretär Franz Morak im Kurier vom 29. Jänner 2002) hätte es auch "die Bewerbung eines Vereines zur Digitalisierung des Kulturgutes" gegeben: "Dieser Verein wurde vom Kanzleramt gebeten, ein Angebot zu stellen, da seine Tätigkeit bekannt war." Er wurde von Christian Pultar, einem Berater von Morak, gegründet: Am 7. August 2001 beantragte Pultar die Zulassung des Vereins, am 8. August legte er ein Anbot. Wie konnte die Tätigkeit des Vereins daher am 26. Juni bekannt gewesen sein?

Der Verein erhielt den Zuschlag, weil er laut Morak der "Bestbieter" gewesen sei. Er erhält für die ersten drei Jahre je 109.009,25 Euro, danach jährlich 202.684,50. Auf zehn Jahre gerechnet ergibt das 1,74 Millionen Euro. Die Theaterservice GmbH hätte für diesen Zeitraum 1,66 Millionen verlangt. "Billiger" ist Pultars Verein nur bei einer Vertragslaufzeit unter acht Jahren.

Der Verein stellte für die ersten drei Jahre einen niedrigeren Betrag in Rechnung, weil er von der Annahme ausging, mit dem Projekt "Neubeschäftigung durch Digitalisierung des Kulturgutes" im Rahmen der EU-Initiative Equal ausgewählt zu werden: "Für den Fall, dass der Verein eine Förderung erhält, entstehen Synergieeffekte, die der Verein dem BKA voll weitergibt."

Als Partner hatte der Verein u. a. das Kanzleramt gewonnen. Die Equal-Förderung erhielt der Verein aber nicht.

Nach Ansicht des RH war die Unterbringung der Artothek in der Bankgasse (seit 1982) problematisch, weil Kunstwerke aus Platzmangel nicht geeignet aufbewahrt werden konnten. Die Räumlichkeiten hatten laut RH eine Fläche von "rund 600 Quadratmeter". Die neuen, vom Verein angemieteten Räume am Stadtrand (Hetzendorfer Straße) haben laut Die Presse vom 5. März eine Fläche von "500 Quadratmeter".

Wie sich das ausgeht? In der Hofburg (Amalienhof) wurden, wie Sektionsleiter Anton Matzka bestätigt, Skulpturen eingelagert. Miete für diese Lagerflächen im Kellergeschoß entrichtet der Verein keine. Es handelt sich dabei folglich um eine Subvention in Form von Naturalien. Laut Vertrag hat der Verein aber u. a. folgende Leistung zu erbringen: "Übersiedelung sämtlicher in der Artothek befindlichen Kunstobjekte" sowie "sachgerechte Lagerung, Verwahrung, Verwaltung der Kunstobjekte in den Räumlichkeiten des Auftragnehmers". Der Keller der Hofburg gehört wohl kaum zu den Immobilien des Vereins. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.3.2003)

Widerruf
Die STANDARD VerlagsgesellschaftmbH und Dr. Thomas Trenkler widerrufen die im STANDARD vom 16.1.2002 verbreitete Behauptung, Mag. Christian Pultar und der Verein "Gesellschaft zur Förderung der Digitalisierung des Kulturgutes" spekulierten unter Angabe falscher Daten auf EU-Geld, als unwahr.


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