Quer durch Galerien
Denk an deinen Kompost!
Von Claudia Aigner
Herwig Zens ist nun doch noch zur "Mumie honoris causa" bzw.
zur "Mumie auf Lebenszeit und darüber hinaus" befördert worden (wegen
seiner künstlerischen Verdienste um den Tod). Sein "Ehrenmumifikat" (oder
seine "Ehrenmumifizierung"?) ist jetzt offiziell, seit Heinrich Heuer
(inoffiziell: "Heinrich der Apfel", aber verstehe das, wer will) dem Zens
einen Brief mit der Anrede "Mum. h. c." geschickt hat und der Zens den
Brief geöffnet, also eindeutig angenommen hat. Ich gratuliere herzlichst.
Nun aber zum Tod, der bekanntlich lebensgefährlich ist. (Sterben ist
ja die häufigste Todesursache.) Die 14 Moritatentafeln vom Zens, die bis
10. November bei Wolfgang Exner (Rauhensteingasse 12) ausgestellt sind,
hat der Arnold-Schoenberg-Chor bei einer Aufführung von Hugo Distlers
"Totentanz" nach und nach aufgehängt. Und hat nach und nach ins Gras
gebissen. Das ist nicht irgendein "Fluch der Mumie h. c.", denn die Sänger
waren natürlich nur dem Gesangstext nach nicht wohlauf. Der Zens ist
wie gewohnt expressiv, weil er einer von denen ist, die ihren Lebenstrieb
sozusagen aus dem Handgelenk herausschütteln. Inhalt: Der Tod (quasi "der
große Kompostierer") kommt zu allen Ständen, Berufs- und Altersgruppen. In
einer aktualisierten Version wird ja vielleicht irgendwann einmal
mindestens Ed Fagan dabei sein (bei den "Leichen in spe", die sich einen
Anwalt leisten können) und der würde den Tod dann auf Wiedergutmachung
(auf Wiedergeburt) verklagen. "Der Tod zur Jungfrau": Sogar einer, den die
Verwesung längst "entwaffnet" hat (bei dem nämlich der serienmäßige
"Lenden-Airbag" futsch ist), schätzt die Fleischeslust. (Der Tod ist ja
kein Vegetarier.) Schaurig schön in seiner farblichen Zurückhaltung
und verwegenen Eleganz: "Der große Beschließer" (einer seiner besten
Tode). Ein spezielles Memento mori (sei eingedenk deines Ablaufdatums),
weil mitten drin die Verpackung von Herztabletten klebt (vom Zens selbst).
So etwas wie sein ganz persönlicher Tod (der hoffentlich erst in 42 Jahren
zudringlich wird, dann ist der Zens 100). Seine Kaltnadel ist aus
russischem Panzerstahl. Damit gleitet er jetzt wie das Messer durch die
Butter, wenn er seine Furchen zieht. Das ist kein bedauernswert
metaphorischer Werbespruch für ein gewisses "Stärkungsmittel". Das ist
eine Tatsache. Wolfgang Buchta (einer von "Vieren für Madrid", die auf der
Estampa, einer Messe für Druckgrafik, gezeigt werden und bis 9. November
in der Kleinen Galerie, Kundmanngasse 30, zu sehen sind) ist jetzt schon
beim vierten Zustand seines Kunstbuches "Unwegsame Gebiete", wobei er für
jeden neuen Zustand dieselben Druckplatten neu überarbeitet. Und statt
eines hoffnungslosen Kuddelmuddels hat er eine sinnliche Klarheit zuwege
gebracht. Man nehme viel Miró und ein bisschen Picasso, walze das
Ganze durch die Druckerpresse durch, und auf der anderen Seite kommt der
Christoph Kiefhaber heraus. Stimmt nur bedingt, denn Kiefhaber ist mit
seiner reifen formalen Verspieltheit unverwechselbar. Und Michael Hedwig
überzeugt weniger durch seine Figurenzeichnung, dafür aber umso mehr durch
seinen Umgang mit der Farbe (hier malerisch verdichtet und satt, dort
sparsam Akzente setzend). Und der Zens ist auch dabei. Von Donald
Baechler und seinen in Massen auftretenden Strichmännchenköpfen (bis 9.
November in der Galerie Steinek, Himmelpfortgasse 22) bin ich ein wenig
enttäuscht. Da hat man schon Aufregenderes von ihm gesehen. Wenn man das
überhaupt sagen darf: Ich langweile mich vor diesen Bildern.
Erschienen am: 26.10.2001 |
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