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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst | ars electronica 
01. September 2005
19:43 MESZ
Von
Markus Mittringer

Bis 6. 9. 

Foto: AEC
Warum einfach, wenn es auch komplex geht? Tennisnews von Dirk Eijsbouts im Offenen Kulturhaus Linz.

Nach Hollywood nun endlich auch in Linz
Ein Überblick auf die Sieger des Prix Ars Electronica

Linz - Es gibt eine Website namens www.microRevolt.org, und: "Hauptpublikum der Site sind vernetzte Handarbeitsfreunde." Dem folgt im Katalog kein Rufzeichen. Weil: Die Sache hat natürlich einen ernsten Hintergrund - die Sweatshop-Arbeit und die damit einhergehende Ausbeutung. Wogegen sich wiederum eine Initiative namens "Nike Blanket Petition" wendet. Und das Rüstzeug, die Großen auszutricksen, ohne an den Folgen der Subversion gleich zu erfrieren oder - womöglich noch schlimmer - falsch gestylt beim friedlichen Auschillen aufzutauchen, liefert microRevolt gleich mit.

Es heißt knitPro und ist eine freie Web-Applikation, die digitale Bilder (für den kritischen Fachbetrieb: in den Formaten gif, png und jpg) in Strick-, Häkel- und Kreuzstichmuster überträgt. Mit dem Ergebnis, dass knitPro eine Community entstehen hat lassen, die ihre Muster untereinander tauscht und weitergibt. Und so etwas kann man nur gutheißen.

Als gut gilt der Ars Electronica seit den frühen Tagen hüpfender Federzuglampen auch alles, was die Pixar-Animation-Studios so animieren. Obwohl: Ein bisschen böse, weil groß und mächtig, ist der Disney-Lieferant schon auch. Weswegen er heuer zur Strafe keinen Hauptpreis bekommen hat. Im Katalog sind The Incredibles aber schon recht prominent vertreten.

Das Ästhetische betreffend ebenso vernachlässigenswert ist Fallen Art, eine Animation von Tomek Baginsky. Der 2003 schon Oskar-nominierte Pole erzählt die immer wieder aufs Neue erschütternde Geschichte von den völlig durchgeknallten Soldaten. Er tut dies in Bildern, die jedem Freund feiertäglicher Combat-Schießspiele Tränen der Rührung entlocken würden. Verlagert man die ganzheitlich so ertüchtigenden Gefechtsübungen in den urbanen Raum, dann kommt man ohne die Infos von www.appliedautonomy.com/isee.html nicht weit, dann ist man sehr früh "tilt". Unter genannter Adresse aber lässt sich ein stets auf den neuesten Stand gehaltener Plan der Überwachungskameras downloaden, und - ein wirklich praktisches Feature - ein Planungsalgorithmus versorgt die Krieger auch gleich mit möglichst kamerafreien Routen.

101 Dalmatiner

Untote brauchen so etwas natürlich nicht. Wie schon in alten Zeiten die Spiegel, verweigern auch die modernen hochauflösenden Kameras das Abbilden von Vampiren. Damit wir uns aber trotzdem ein Bild von den lästigen Saugern machen können, wurde die Animation erfunden. Und bei Van Helsing hat sich das echt bezahlt gemacht. Die Visual-Effects-Crew um den Mainstream-Horrorschinken war aber auch handverlesen.

Die haben schon über hundert Dalmatiner publikumsfreundlich animiert oder auch die Klone, die in der zweiten Episode von Star Wars diese fürchterliche Attacke ritten. Und in Pearl Harbor waren die auch ganz ordentlich beschäftigt. Gut, dass wir das jetzt auch in Linz endlich lobend erwähnen.

Und sonst kann man im Rahmen der Prix-Ars-Electronica-05-Präsentation im Offenen Kulturhaus Linz tun, was man auch sonst tun würde - nur faszinierend komplizierter: Tennis spielen mit Monitoren anstatt mit Schlägern etwa oder den Tagesablauf einer Orchidee beobachten, den ein sicher recht kompliziertes Programm echt innovativ simuliert.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.9.2005)


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