Bis zum Zusammenbrechen | |
Die Wiener Kunsthalle präsentiert sich erstmals der Öffentlichkeit.
Mit einer Installation von Vanessa Beecroft.
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Bis weit in den Hof des Museumsquartiers
stauten sich schon eine Stunde vor und bis zwei Stunden nach dem Start der
mit halbstündiger Verspätung begonnenen Performance die Schaulustigen.
In Gruppen wurden die Zuschauer dann ins Obergeschoß zur 1119
Quadratmeter großen Ausstellungs-Halle vorgelassen. In ihrer bisher 45.
Performance hatte Beecroft 45 nackte Frauen - mit Schamhaar-Rasur und
blond eingefärbten Frisuren, in Ganzkörper-Make up und hohen schwarzen
Lederstiefeln - in militärischen Reihen aufgestellt. Mit bestimmten
Einschränkungen - etwa dem Verbot jeglichen Blickkontakts untereinander
und zum Publikum - sollten die lebenden Skulpturen drei Stunden lang
einfach nur dasein bzw. -stehen und dabei müde werden. Kurzes Hinsetzen
oder -legen war in bestimmten Posen erlaubt. Es ist war bis dato größte Performance, die Vanessa Beecroft für Wien
geplant hat. Egal, ob in Tokio, in Köln oder in New York - Beecroft
verlangt von den für sie in unterschiedlichen Kunstinstitutionen
auftretenden Frauen, dass sie nichts anderes tun, als einfach da zu
stehen. In dieser anstrengenden Situation können sie sich langsam bewegen,
ja sogar niedersetzen, sollen aber nichts darstellen außer sich
selbst. Mit dem Ort arbeiten... Unwillkürlich verweisen solche Gruppenbilder auf tradierte
Vorstellungen von Erotik, auf normierte Schönheitsideale und körperliche
Disziplin in der Öffentlichkeit. Eine maßgebliche Rolle nehmen dabei die
Orte der Aufführung solcher Performances ein.
Die aus Genua stammende Vanessa Beecroft und ihre New Yorker Galerie
wählen dafür zumeist prominente Kunst- Performance zum Einstand
Anlass für diese spektakuläre und zugleich stille, zeitlupenförmig
ablaufenden Kunstshow ist jedoch die bevorstehende Eröffnung der neuen Kunsthalle Wien. Die
Ausstellung im Container auf dem Karlsplatz "Lebt und arbeitet in Wien"
geht ihrem Ende zu. Somit stellt sich die Frage, wie der zukünftige
Spielort für Gegenwartskunst aussieht. Der Neubau befindet sich - von vorne besehen fast unsichtbar - hinter
der ehemaligen Winterreithalle, die als universell verwendbare
Veranstaltungshalle - etwa für die Festwochen oder für Konzerte -
einsetzbar ist. Für dort sind noch gastronomische Einrichtungen,
Kartenschalter und ein Bookshop geplant. Die Bauarbeiten sind noch in
Gang. Bewährtes Prinzip Die Kunsthalle selbst hat - ähnlich wie auf dem Karlsplatz - wieder das
Format eines Containers. Der Bau besteht teilweise aus Beton, teilweise
aus Ziegel. Zwei übereinander liegende Ausstellungshallen mit insgesamt
1.700 Quadratmeter Nutzungsfläche sollen ein durchgehendes
Ausstellungsprogramm ohne Unerbrechung ermöglichen. Das obere Stockwerk
mit halbrunder Decke wurde von der auf solche Gegebenheiten
spezialisierten Firma Zumtobel mit einem speziellen Beleuchtungssystem
ausgestattet. Funktion vor Strahlkraft Wirft man einen Blick hinter das Gebäude, so erhält man den Eindruck
von einer modernen Fabrikshalle. Das große Einfahrtstor zur Kunsthalle
wirkt praktisch. Transportfahrzeuge können dort in einen geschützten
Bereich einfahren, um ihr fragiles Gut abzuladen. Funktionalität hat hier
wesentlich größere Bedeutung als auratische Strahlkraft nach außen, wie
etwa in Bregenz, wo das von Peter Zumthor entworfene Kunsthaus fast
skulpturalen Charakter hat. Wirkung nach außen ist durch die Fassade der
ehemaligen Winterreithalle gegeben. Let's have a party Trotz großzügig dimensionierter Auststellungshallen ist absehbar, dass
Büros und Verwaltung bald mehr Platz brauchen dürften als im Neubau
vorgesehen ist. Eine Ausweitung in den so genannten
Fischer-von-Erlach-Trakt scheint also absehbar. Ihre Eröffnung wird die
Kunsthalle jedenfalls mit einer Großausstellung am 12. Juni feiern - unter
dem fast ein wenig irreführenden Titel "Eine barocke Party". Links: | ||||||||