Mo,
16.9.2002
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TRANSMITTER-FESTIVAL
Kranke
Seelen und allerlei Grenzen
Gottfried Bechtold, VolxTheater und Attwenger
verwirrten beim Transmitter
Hohenems (VN-ck) Jetzt fehlt nur
noch Christoph Schlingensief, der das Transmitter-Festival am 23.
September im Conrad Sohm beschließen wird. Am Wochenende wurde dem
Publikum eine Mixtur aus Dokumentarfilm, Performances, Musik und
Musikähnlichem präsentiert.
Die VolxTheaterkarawane machte am Freitag Halt in
Hohenems (die "VN" berichteten am Samstag) und hatte eine
Dokumentation über ihre bisherige Arbeit im Gepäck. Ausführlich
wurde die Causa Genua behandelt, Mitglieder der rebellischen Gruppe
erzählten von ihrer grenzenlosen Aktion "No Border - No Nation".
Anschließend gab es eine recht aggressive Performance zu sehen, "The
Rhythm, The Rebell - Die Lüge der Performance". Mit Hilfe von
aufgeblasenen Gummischläuchen rollten VolxTheateraktivisten durchs
irritierte Publikum und vollführten einen Schattenspieltanz zu
Livemusik. Das Resümee zog das VolxTheater selbst: "Unsere Seelen
sind krank." Vom Transmitter-Publikum wurde prompte Heilung
erwartet.
"Scheiße ist super"
Der Samstag begann mit einer Outdoor-Performance von
Gottfried Bechtold, der sich auch heuer nicht lumpen ließ. Vom
Schiedsrichterstuhl bellte er Widersprüchliches ("Schlecht ist
gut"), Wahres ("Ich bin 55 Jahre") und Sonstiges ("Scheiße ist
super") herunter, während es sich die feine Gesellschaft um ihn
herum gutgehen ließ - im Lkw wurde zu "We are so beautiful"
fürstlich getafelt, gleich nebenan verpassten zwei Damen einem Herrn
unter der Höhensonne eine Massage, während im Vordergrund Bratwürste
lockend dufteten. Auch das Publikum wurde hinter einem Absperrband
verwöhnt: es gab Bier und belegte Brote, und Bechtold verschenkte zu
"Love is pleasure" Vulvas aus Beton ("Hier gibt's was zu holen!" -
der Tisch war erstaunlich schnell leergeräumt). Bechtold mischte
sich gelegentlich auch selbst unters konsumfreudige Publikum ("Ich
bin der Zuschauer"), um gleich wieder unterm Absperrband
durchzuschlüpfen und im Lkw nach dem Rechten zu sehen ("Jetzt bin
ich wieder Akteur").
Er präsentierte den Zuschauer(inne)n eines der gängigsten
Lebensprinzipien der Gegenwart: Wellness durch Konsum. "Kommunismus
ist Kapitalismus" - wer es sich leisten kann, dem geht es gut.
Keine Frage, keine Antwort.
Bechtold: Wer es sich leisten kann, dem geht es gut
Basslastig
Hohenems (VN-ck) Mit Hip-Hop schlug der
Freitag dann noch eine andere Richtung ein. Texta aus Linz
begeisterten mit witzigen Texten und dem Versuch der verständlichen
Kommunikation "von Hamburg bis zum Praterstern". Attwenger hingegen
mussten fleißig ihren Mundartrap übersetzen und darauf hinweisen,
dass ihr rhythmisches Schlagzeug-Ziehharmonika-Spiel Tanzmusik sei.
"dieantwortaufallesandere" steuerten eine seltsame Performance
bei, die aus einem Film von einem Typen, der vor dem Fernseher sitzt
und sich die Sendung "Transmitter-Publikum" ansieht, sowie einem
musikalisch undefinierbaren, aber basslastigen Konzert bestand.
Während frühere Auftritte der Performer unter Zwang beendet wurden,
zeigte sich die Zuhörerschaft hier sehr geduldig.
Wirklich "dieantwortaufallesandere"? |
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