Der Ansatz von Michaela Meliáns neuer Arbeit „Speicher“ wurzelt im Gestern. Genauer im Jahr 1965, in dem Edgar Reitz (Film), Alexander Kluge (Texte) und Josef Anton Riedl (Musik) an der Hochschule für Gestaltung Ulm ihr Projekt „VariaVision – Unendliche Fahrt“ realisierten. Ihnen stand dafür eines der ersten deutschen Tonstudios zur Verfügung, in das Siemens damals Millionen DM investierte. Dieses Studio steht heute im Museum, VariaVision gilt als verschollen.
Melián, Gastprofessorin in Hamburg und Zürich sowie Musikerin der Avantgardeband F.S.K., hat sich für „Speicher“ als Medienarchäologin und Restauratorin betätigt. Sie ließ im Studio noch einmal die Röhren erglühen für eine Hommage an ein Stück früher Elektronik-Kunst.
Im Linzer Kunstmuseum Lentos ist nun das Ergebnis zu sehen und zu hören – nach wie vor zum Thema Reisen in einer großzügigen Bedeutungsauslegung.
Film, Text, KlangAus den Klängen des alten Studios wurden Samples erzeugt, digitalisiert und zu einer neuen Komposition montiert. Dazu schuf Melián einen Film, in dem sich Kamerafahrten durch ein Schneegestöber über mit Nähmaschine produzierten Landschaften kreuzen. Die Texte dazu passen, wie einst, zu Reisen und Bewegung.
Für die assoziative Toncollage wurde Melián übrigens im Vorjahr mit dem renommierten deutschen Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet.
Ergänzt wird die Arbeit durch „Rückspiegel“, eine Videoinstallation, in der die Protagonisten von damals erzählen. An den Wänden große Zeichnungen und kleinere Papierarbeiten, teilweise mit der Nähmaschine kunstvoll überarbeitet. (thek)
Info: „Lentos“ Linz, bis 2. Juni, tägl. 10–18, Do bis 21 Uhr.