Salzburger Nachrichten am 17. August 2004 - Bereich: kultur
Täuschende Wirklichkeit

Gerald Van der Kaap:

Bei der Österreichischen Foto-Triennale in Graz war er bereits zwei Mal zu Gast, jetzt präsentiert "Camera Austria" im Grazer Kunsthaus seine erste Einzelausstellung in Österreich. Der niederländische Künstler Van der Kaap, laut Eigendefinition der einzige lebende "Non-Genre-Artist", bespielt die Räume unkonventionell, verwandelt sie teilweise in Kojen und gibt Einblicke in seine mannigfaltige Tätigkeit: Fotografie und Videos, die zwischen Dokumentation und Inszenierung pendeln, Computerkunst, Relikte aus seinem Amsterdamer Kabel-TV-Projekt "Rabotnik TV" oder "Nebenprodukte" aus seiner Tätigkeit als DJ oder als VJ (Video Jockey).

Der 45-jährige

Ex-Zeitungsherausgeber, CD-Rom-Produzent, Buch-Designer und Internet-Agitator verweigert sich einer inhaltlichen Kontinuität und einer festgeschriebenen Bildsprache. Er zappt zwischen den Medien, bearbeitet vorgefundenes Bildmaterial, kombiniert Motive, imitiert die Realität, taucht lustvoll ein in die Fluten der Alltagskultur, ironisiert die Fotogeschichte, verwandelt Schnappschüsse in Bilder mit allgemeingültiger Aussagekraft.

Der Ausstellungstitel

"Jump Cut" bezieht sich auf den von Gerald Van der Kaap angewandten Wechsel von Szenen, Zeiten, Ästhetiken und Strategien. Ob der "Früchtebaum", den der Künstler während eines China-Stipendiums in Xiamen fotografiert hat, das Porträt eines puppenhaften Kleinkindes mit entblößten Genitalien oder das in einem Flugzeug aufgenommene "kindische" Bilderrätsel mit den schlafenden Als-ob-Zwillingen: Sämtliche Arbeiten des Niederländers sind perfekt produziert. In der Grazer Ausstellung dominieren Arbeiten, die in China entstanden sind: Ausschnitte einer Wirklichkeit eines Landes im Umbruch, die freilich nicht immer wirklich ist. Täuschungsmanöver sind eine Spezialität des Multimedia-Artisten. (Bis 26. September) MARTIN BEHR