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"Männer sagen: Habt euch doch nicht so"

17. Februar 2011, 17:39
  • Artikelbild: Sigrid Ruby ist Kunsthistorikerin an der Universität Gießen. Ihre 
Forschungsschwerpunkte sind u.a. amerikanische Kunst nach 1945 und 
Gender Studies.  - Foto: STANDARD / Cremer

    Sigrid Ruby ist Kunsthistorikerin an der Universität Gießen. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u.a. amerikanische Kunst nach 1945 und Gender Studies.

  • Artikelbild: Mel Ramos in der Albertina vor "Pha - White Goddess", welche wohl nicht zufällig  an Hollywoodstar Jane Russell erinnert - Foto: AP / Strauss

    Mel Ramos in der Albertina vor "Pha - White Goddess", welche wohl nicht zufällig  an Hollywoodstar Jane Russell erinnert

  • Artikelbild: Nicht im geringsten variiert, sondern kopiert sind Mel Ramos Bunnies: 
"Valvoleena" ... - Foto: Mel Ramos
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    Nicht im geringsten variiert, sondern kopiert sind Mel Ramos Bunnies: "Valvoleena" ...

  • Artikelbild:  ... und  "Miss January 1965" aus dem Playboy, Sally Duberson. - Foto: Playboy

     ... und "Miss January 1965" aus dem Playboy, Sally Duberson.

Die Pin-Ups von Mel Ramos, ausgestellt in der Albertina, deutet man als Persiflagen der Werbung - Kunsthistorikerin Sigrid Ruby sieht vielmehr aus dem "Playboy" kopierte Posen

Mit Sigrid Ruby sprachen Anne Katrin Feßler und Andrea Heinz.

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  • Werbung:Erfolgreich ohne Streuverlust werben.

Wien - Mel Ramos ebenso glatte wie berühmte Pin-Up Bilder sind ironisierend, sagen die einen und vermarkten damit das wenig variierende Oeuvre des letzten lebenden Pop-Art-Künstlers sehr gut. Andere halten die Arbeiten für flach und sexistisch. Die Albertina widmet Ramos zwar eine Ausstellung, lud aber Sigrid Ruby ein, eine kritische, feministische Perspektive einzunehmen.

Standard: Worin bestand für eine Kunsthistorikerin mit feministischem Schwerpunkt der Reiz, sich mit Mel Ramos zu beschäftigen?

Ruby: Es sind solch' offensichtliche Sexualisierungen von Frauen, so banal, dass Männer sagen: Habt euch doch nicht so. Es war eine Herausforderung, mich mit dieser schwierigen Banalität, diesen nicht explizit brutalen oder pornografischen Bildern zu beschäftigen. Und so blöd es sich anhört, hat es mich gereizt, die wenig untersuchte Pin-Up-Kultur zu betrachten, die viel über das Frauenideal der jeweiligen Zeit aussagt.

Standard: Sie haben in den "Playboy"-Magazinen direkte Vorlagen für die Ramos-Damen gefunden. Wieso hat diese Vergleiche bisher niemand getroffen?

Ruby: Zum Teil vermutlich aus Faulheit. Man war sich wohl auch zu fein, in die entsprechenden Quellen zu schauen. Es gibt keine gute Forschung ... Es gibt eigentlich gar keine Forschung zu Mel Ramos, keine Werkanalyse. Es heißt immer nur Persiflage, Persiflage. Aber ich frage mich, was bedeutet das? Und wie sieht die feministische Perspektive aus?

Standard: Der männliche Blickwinkel ist ja offensichtlich...

Ruby: Genau. Es gibt da ein gewisses Blickkartell: Der Playboy richtet sich an eine exklusiv männliche Klientel. Die Playmates waren für eine gewisse Zeit Celebrities, man hat sie sicherlich wiedererkannt. Es war bestimmt eine, nicht unbedingt bewusste Genugtuung sie in der Hochkunst wiederzusehen. Die Betrachter genossen diese Sublimierung und bildeten eine augenzwinkernde Gemeinschaft mit dem Künstler.

Standard: Sind die Frauen bei Ramos eigentlich noch Individuen oder nur mehr Projektionsflächen?

Ruby: Im Playboy sind sie noch Individuen mit einem Namen und einer Biografie. Ramos nimmt ihnen die Individualität wieder. Faktisch sind es bei ihm nur Oberflächen, die reproduziert werden. Begehren wird häufig definiert als Kluft zwischen dem Bild und dem worauf es verweist, in diesem Fall also die Diskrepanz zwischen dem Bild der Frau und ihr selbst. Das heißt diese idealisierten, glatten Körper, die Lebendig- und Natürlichkeit verloren haben, heizen das Begehren zusätzlich an.

Standard: Ramos' Frauen sind so makellos wie die Produkte der Werbung. Er selbst sagt ja, nur die mit Makeln behafteten Frauen, hätten Probleme mit seiner Arbeit. Machen solche Aussagen seine angeblichen "Persiflagen der Werbung" nicht völlig unglaubwürdig?

Ruby: Ach, die Künstler geben meist nur Plattitüden von sich. Ramos behauptet gerne, seine Frau wäre Modell gewesen. Dieser Topos wird seit der frühen Neuzeit von Künstlern kolportiert: Die Liebe zur Frau führe dazu, dass man einen idealschönen Körper auf die Leinwand bannt. Das ist eine Form von Beschwichtigungsdiskurs.

Standard: Wie sieht Ramos' Frauenbild aus?

Ruby: Es gibt keinerlei Brechung des Stereotypen und Makellosen, keinerlei Ambivalenz, keine Zuwiderhandlung, dadurch verschwindet der Subjektstatus der Frau. Es sind schablonenhafte Fertigprodukte, mehr oder minder genaue Kopien fotografierter Pin-Ups, die er seit den 1960er-Jahren nicht variiert. Die Produkte und der Frauentyp ändern sich, aber die Masche ist die Gleiche. Besonders perfide finde ich, dass Ramos im Galeriebereich weit erfolgreicher ist als im musealen oder im kunsthistorischen Bereich, weil er unter dem Deckmäntelchen der Persiflage wieder so eine Sex-Sells-Marke etabliert hat. Man kauft das, es ist ein Original Mel Ramos und damit irgendwie etabliert, aber man könnte ebenso gut eine beliebige Reproduktion kaufen. Für die männliche Klientel würde das genauso gut funktionieren.

Standard: Ist der Blick auf jüngere Werke von Ramos für die Bewertung von Mel Ramos aufschlussreich? Wie sehen sie seine Kampagne für den Schweizer Bekleidungshersteller Strellson (Anm.: Sponsor der Albertina Ausstellung)?

Ruby: Ich glaube, dass hier beide Seiten voneinander profitieren. Strellson macht eine Werbekampagne, Ramos macht zwei Bilder dafür. Auf dem einen Bild sieht man das Logo von Strellson, ein schwarzes Kreuz auf weißem, kreisförmigen Grund: Cameron Diaz legt sich in diese Kurve. Das zweite Motiv, "Steffi Strellson", zeigt eine Pose, die man aus dem Playboy kennt. Es sieht so aus, als würde die Frau etwas in ein Regal legen. Im Hinblick auf das Verkaufspersonal bei Strellson bekommt diese Werbung für mich eine eher problematische und sexistische Note. Strellson rühmt sich damit, dass sie den letzten lebenden Pop-Art-Künstler für diese Kampagne gewinnen konnten, also muss Mel Ramos natürlich das machen, was er immer macht. Aber auch er profitiert davon - ich will nicht wissen, was er dafür gekriegt hat. Da heißt es sonst immer, er würde Werbung persiflieren, die mit Sex Sells-Strategien arbeitet und letzten Endes macht er genau dasselbe.

Standard: Glaubt man Ramos, so haben seine Werke keinerlei kritisches Potential, sind lediglich Abbildungen des Status Quo. Ist es am Ende der Kunstbetrieb, der Ramos' Arbeiten kritische Inhalte attestiert, um den Verwertungskreislauf am Laufen zu halten?

Ruby: Die Frage müsste man sich eigentlich für die gesamte Pop-Art stellen. Eigentlich sind sie ja alle affirmativ, neutral, unkritisch. Wir aber haben das Bedürfnis, sie als kritisch anzusehen. Natürlich ist das auch eine Strategie, um die Werke ins Museum zu bringen und ihren Marktwert zu halten. Gleichzeitig ist das die Stärke dieser Kunst schnelle Vereinnahmungen zu verhindern und sich nicht der politischen Linken oder der Konsumkritik zuordnen zu lassen. Es ist eine gewisse Rechtfertigungsstrategie, ihnen kritische Inhalte zu unterstellen. Wahrscheinlich hat Ramos völlig Recht wenn er sagt, dass er niemals auch nur einen Funken Kritik beabsichtigt hat.

Standard: Ramos Arbeiten haben sich kaum verändert seit den 1960er-Jahren. Was rechtfertigt, dass man sie sich heute noch anschaut?

Ruby: Ich glaub schon, dass sie für die 60er Jahre einen wichtigen Beitrag zur Emporhebung dieses profanen Bildmaterials zur Hochkunst leisten. Sie gehören einfach zur PopArt, bereichern ihr Spektrums. Aber es läuft sich dann einfach tot, es ist nicht mehr interessant.

Standard: Es wurde gesagt, die Darstellungen von Frauen mit Affen, Löwen würden eindeutig die Männer karikieren. Sind Frauen und gefährliche Tiere nicht auch ein sehr sexistisches Motiv?

Ruby: Es ist naiv zu glauben, das wäre ironisch. Es ist nicht abwegig, hier weniger ein Identifikationsangebot als vielmehr ein voyeuristisches pornografisches Motiv zu sehen. Es geht mir grundsätzlich nicht darum, Ramos' Werk als moralisch verwerflich zu disqualifizieren. Seine Arbeit bedient jedoch eine konventionelle hetero-männliche Schaulust. Mir liegt daran, dass Frauen ihr Unbehagen damit äußern dürfen oder auch ihr Desinteresse, ohne gleich die lila Latzhose verpasst zu bekommen.  (DER STANDARD, Printausgabe, 18.2.2011, Langfassung)

Ausstellung "Mel Ramos. Girls, Candies & Comics", Albertina, bis 29. Mai

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1 2
18.02.2011 10:46

Ist es nur Kunst wenn’s kritisch und ironisch ist? Die Bilder interessieren mich nicht. Aber was soll dieses „das ist doch keine Kunst“ mimimi?

Belanglos, flach und uninteressant fand ich auch den Hans von Aachen im KHM auch. Aber ich würde ihm nie den Wert absprechen den er für andere (und für die Kunstgeschichte) wohl hat.

18.02.2011 09:51
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95% der Frauen die sich da aufregen

würden ohnehin nie im Leben nachgefragt werden
sich so sexy darzustellen.

18.02.2011 10:35
und?

18.02.2011 06:29
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Also wo bei Mel Ramos eine Persiflage oder gar Tiefgründigkeit sein sollen kann ich auch nicht nachvollziehen. Natürlich geht's um männlichen Voyeurismus - no, na

die Pin-ups heißen so weil man sie sich in den Spind pickt. Das die ganze G'schicht für Frauen jetzt nicht weiß Gott wie toll, interessant oder künstlerisch ist und dass man nicht mal die zweite Gehirnzelle zuschalten muss um den latenten Sexismus zu erkennen ist genauso völlig klar.

Es geht hierbei quasi ausschließlich darum ob's einen ästhetisch anspricht oder nicht und ob man sich über den Sexismus oder nden Vorwurf des Seximus aufregen will oder nicht.
Sämtlichen Personen die scih ästhetisch nicht angesprochen fühlen oder sich aufregen wollen sei der Besuch einer anderen Ausstellung angeraten weil, simma sich ehrlich, so eine immens wichtige kulturelle Offenbarung ist Mel Ramos einfach nicht.

politisch verfolgt
18.02.2011 01:03
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hetero-männliche Schaulust

was könnte für eine feministin schrecklicher sein? echt lustig, wie das, was diese dame hier äußert, viel mehr über sie als über ramos aussagt.

18.02.2011 06:47
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Und? Was genau sagt es über eine Frau aus wenn sie feststellt dass sich Mel Ramos hauptsächlich der doch recht billigen "Sex-Sells" Philosophie bedient und verlangt dass man das sagen dürfen soll ohne dass Mann sich gleich als Opfer feministischer Diskriminierung wimmernd in die Embryonalstellung haut?

Dies pausenlose Hertumgejammere jedesmal wenn die Wörter Sexismus und Feminismus auch nur geflüstert werden ist inzwischen derart erbärmlich

politisch verfolgt
18.02.2011 10:57
erbärmlich

ist höchstens die aggressive art, die sie hier an den tag legen.
embryonalstellung....gehts noch oder brauchen sie die rettung?

17.02.2011 23:57
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Laaaaaangweilig....und zum wixen nicht geil genug :(

Was macht die Ruby hier? Sollt die nicht lieber in BungaBunga Land aussagen?

17.02.2011 22:42
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ich...

...muss gestehn, ohne hetero-männliche schaulust wär ich ganz schön aufgeschmissen.
wie gut, dass es sie gibt.

18.02.2011 09:51

You made my day!

18.02.2011 02:02

ich auch ...

Ausgeflippter Lodenfreak
17.02.2011 22:11

"Pop-Art ... Eigentlich sind sie ja alle affirmativ, neutral, unkritisch." Ich möchte ja nicht kleinlich sein aber sogar ein Laie kennt Warhols Bilder von Unfällen und elektrischen Stühlen. Das hat mit unkritisch und jasagend nichts zu tun.
Ramos macht schicke Bilder mit wenig Tiefe. Ihre Stärke ist, dass sie die meisten Menschen ästhetisch ansprechen. Wenn die üblichen Verdächtigen deshalb einen femistischen Koller bekommen entspricht das dem Erwarteten.

The Only Cat in the Village
17.02.2011 21:48
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Herr Ramos erfreut sich bester Gesundheit ...

... und somit hätte mich ein Interview mit ihm persönlich zu seiner künstlerischen Arbeit mehr interessiert, als diese interpretatorische Weiterführung.
Schade.

Anne Katrin Feßler
18.02.2011 11:05
gibt es zur Genüge

...ich fand es ehrlich gesagt langweilig, Herrn Ramos immer wieder das gleiche sagen zu hören: Dass es viel schöner ist Busen zu malen, als etwas anderes. Dass er sich so glücklich schätzt, so viele schöne frauen um sich zu haben. seine frau schön war. nachsatz: als sie jünger war. und seine tochter auch schön ist, obwohl schon 45.... dass alle schönen frauen seine kunst genießen können, die anderen nicht...
da finde ich es doch wesentlich interessanter mit jemanden zu sprechen, der sich mit etwas beschäftigt hat, was eben - entgegen der hier geposteten beiträge - noch nicht festgestellt wurde: u.a. dass ramos vorlagen sich auf den playboy beziehen. und zu untersuchen, ob sich argumente für den status "persiflage" finden lassen.

Satisfied Keef
17.02.2011 21:31
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Interessantes Interview,

geile Bilder.

17.02.2011 19:25
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ist halt einfach extrem plattes zeug

17.02.2011 21:06
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mir (weiblich, 28) gfoits trotzdem :)

Müllmann Mayer
17.02.2011 18:09
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Beleidigend und diskriminierend. Ökonomistische Reduzierungen von Ausdruck als Ware. Moralische und sonstige Überlegenheitsdünkel gegen eine Objektivierung von Sexualität. Was soll "der männliche Blickwinkel" so überhaupt sein? Geschweige

denn "der Mann". So als ob "Frauen" eine solche Ästhetik nicht schön finden können sollten. Das nenne ich Gewalt gegen den Geschmack und Empfinden anderer Menschen. Nichts anderes als Sexismus der vorgibt Anti-Sexismus zu sein. Kulturelle Fremdenfeindlichkeit. Kulturfaschismus. Rede von "Hochkunst" - wenn ich das schon höre: gerade als Mensch mit Behinderung kann ich derlei Normdenken bloß verabscheuungswürdig finden und weiterhin auf das Schärfste verurteilen. Jeder Mensch ist einzigartig. Immer und wieder kommt das jedoch gerade aus Europa - von wegen "lila Latzhosen", nix da: eher andere Hosen... Hass vorgetragen als "Kritik". Völlig verantwortungslos. Menschen verachtend. Und gerade da gäbe es für mich nichts zu "beschwichtigen"...

18.02.2011 06:32
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Geh beruhig dich, welcher "Hass" denn? Wennst Kritik nicht vertragst mach ein Persönlichkeitsentwicklungsseminar.

17.02.2011 19:42
wo kommt all der hass her?

17.02.2011 20:38
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weils ein ziemlich platter versuch ist...

... po:rno als kunst zu verkaufen.

17.02.2011 21:29

aber der Herr Müllmann greift ja ganz im Gegenteil die interviewte Dame an, als ob diese ihn schon 15 Mal mit einem Ständer im Regen stehen gelassen hätte.

Robert Waloch
17.02.2011 23:31
Könnte/sollte mann denn

bei solcher "Dame" überhaupt etwas im Regen aufstellen (außer einem Schirm vielleicht)?

Unermüdlicher Einsatz
 
17.02.2011 21:17
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das heisst porno.

Dirty Sanchez
 
18.02.2011 08:18
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Und ist außerdem Kunst.

Egal, was helm.helm sagt.
Soll er doch einmal versuchen, während eines Rudelgulaschs einen vorher auswendig gelernten Text fehlerfrei aufzusagen!

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