Der klassische Architekturbegriff löst sich auf.
Dynamisch statt statisch, vernetzt, interdisziplinär und unkonventionell
beschreiten zehn internationale Architektengruppen in der Wiener Secession
neue Wege. Der alte Anspruch auf Ganzheitlichkeit ist gefallen.
"trespassing" zeigt Architektur als gesellschaftsrelevante, kulturelle
Praxis, als feinsinnigen Seismographen, Initialzündung des Handelns zu
urbaner Veränderung im weitesten Sinn.
"Wir wollen die Handlungsräume von Gruppen für das
Produzieren von Raum ausnützen", sagt Bernd Knaller von ":con". Die Gruppe
schlägt vor, das Grün des Parks um den Secessions-Pavillon allen zu
verkaufen, die es woanders einpflanzen. Gestalterisches Handeln, das Raum
bildet.
Dem virtuellen Anti-Raum gilt nachhaltig das Interesse
der Gruppe "Splitterwerk". Von raumauflösenden Strukturen überzogen,
verlieren Räume ihre Proportionen. Wie großartig stimmig "Splitterwerk"
auf spezifische Orte reagieren können, beweist ihr Raum im Raum vor dem
Klimt-Fries. Sorgfältig ausgeleuchtet läßt sich die Kunstikone aus
verschiedener Distanz entweder hinter Strukturen, flirrenden Punkten oder
jenseits des Vorhangs unverfälscht betrachten.
Eine poppig-pinke Lounge, die peripher an eine Kirche
erinnert, stellte "FAT ltd" aus London frech in den Eingangsbereich der
hehren Secession. Grell grün winkt die getreppte Satire einer Landschaft
aus dem Hauptraum. FAT treiben den Kitsch ins Absurde, bis er bricht.
Komplexe Bedingungen erfordern komplexe Antworten. Nicht
Projekte stehen im Mittelpunkt, sondern Arbeitsprozesse. Als
Work-in-Progress wurde "trespassing" von der Architektin Sandrine von Klot
und der Kulturwissenschaftlerin Angelika Fitz initiiert.
In Ateliergesprächen und in Workshops fanden die zehn
Teams (con, C2S2, FAT ltd, the next ENTERprise, offshore, Pauhof, Schie
2.0, Splitterwerk, Klaus Stattmann, Wolfgang Tschapeller) zur
Feinabstimmung ihrer Interventionen am spezifischen Ort. Arbeitsarchive
geben Einblick in bisherige Strategien. i. m.
Bis 3. November, Di. - So. 10 bis 18, Do. 10 bis 20 Uhr.
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