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14.09.2002 - Ausstellung
Räume verschwinden in Gegenräumen
Die Grenzen ihrer Disziplin sprengt junge Architektur in der Wiener Secession. Die Ausstellung "trespassing - Konturen räumlichen Handelns" zeigt neue Strategien.


Der klassische Architekturbegriff löst sich auf. Dynamisch statt statisch, vernetzt, interdisziplinär und unkonventionell beschreiten zehn internationale Architektengruppen in der Wiener Secession neue Wege. Der alte Anspruch auf Ganzheitlichkeit ist gefallen. "trespassing" zeigt Architektur als gesellschaftsrelevante, kulturelle Praxis, als feinsinnigen Seismographen, Initialzündung des Handelns zu urbaner Veränderung im weitesten Sinn.

"Wir wollen die Handlungsräume von Gruppen für das Produzieren von Raum ausnützen", sagt Bernd Knaller von ":con". Die Gruppe schlägt vor, das Grün des Parks um den Secessions-Pavillon allen zu verkaufen, die es woanders einpflanzen. Gestalterisches Handeln, das Raum bildet.

Dem virtuellen Anti-Raum gilt nachhaltig das Interesse der Gruppe "Splitterwerk". Von raumauflösenden Strukturen überzogen, verlieren Räume ihre Proportionen. Wie großartig stimmig "Splitterwerk" auf spezifische Orte reagieren können, beweist ihr Raum im Raum vor dem Klimt-Fries. Sorgfältig ausgeleuchtet läßt sich die Kunstikone aus verschiedener Distanz entweder hinter Strukturen, flirrenden Punkten oder jenseits des Vorhangs unverfälscht betrachten.

Eine poppig-pinke Lounge, die peripher an eine Kirche erinnert, stellte "FAT ltd" aus London frech in den Eingangsbereich der hehren Secession. Grell grün winkt die getreppte Satire einer Landschaft aus dem Hauptraum. FAT treiben den Kitsch ins Absurde, bis er bricht.

Komplexe Bedingungen erfordern komplexe Antworten. Nicht Projekte stehen im Mittelpunkt, sondern Arbeitsprozesse. Als Work-in-Progress wurde "trespassing" von der Architektin Sandrine von Klot und der Kulturwissenschaftlerin Angelika Fitz initiiert.

In Ateliergesprächen und in Workshops fanden die zehn Teams (con, C2S2, FAT ltd, the next ENTERprise, offshore, Pauhof, Schie 2.0, Splitterwerk, Klaus Stattmann, Wolfgang Tschapeller) zur Feinabstimmung ihrer Interventionen am spezifischen Ort. Arbeitsarchive geben Einblick in bisherige Strategien. i. m.

Bis 3. November, Di. - So. 10 bis 18, Do. 10 bis 20 Uhr.



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