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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
26.02.2004
11:35 MEZ
Von Doris Krumpl
 
Die schönen Künste als Vernunft-Ventil
Ein Kunstsammlerporträt - des aus Kärnten gebürtigen Industriellen Herbert W. Liaunig

Ein Sammlerporträt: Der aus Kärnten gebürtige Industrielle Herbert W. Liaunig spezialisiert sich seit seinen Studienzeiten auf österreichische Kunst nach 1945. Und hegt große Pläne für ein eigenes Museum im kärntnerisch- slowenischen Grenzland.


Wien - Auch ein Sammlungsansatz: die Wohnung randvoll hängen - und dann einfach eine neue beziehen. Herbert Liaunig ist mittlerweile bei der vierten angelangt. Auch ein Schloss in Neuhaus/Suha nennt er sein Eigen, und in rund zwei Jahren wird in diesem Örtchen auch eine Auswahl seiner Sammlung in zeitgenössischer, noch auszujurierender Architektur ständig zu sehen sein. (DER STANDARD berichtete).

Klein hat er angefangen mit der Kunst, der Industrielle, 1945 in Radenthein/Kärnten geboren. In den 60ern Welthandels-Student in Wien, sah Liaunig schon damals die "Kunst als Gegenpol zur Wirtschaft, die von rationalen Entscheidungen und der Ökonomie der Mittel bestimmt ist und die hohe Disziplin benötigt". Eines der ersten Bilder erstand der auf die Sanierung angeschlagener Industrieunternehmen spezialisierte Fachmann, ganz im Banne einer Expressionismus-Schau, von einem ungarischen Maler. Wenn er (jungen) Sammlern einen Rat geben sollte, dann wäre das, sich "auf professionellen Rat zu verlassen - und daraufhin das erstehen, was einem davon hundertprozentig gefällt".

Künstler wie Drago Prelog oder Karl Hikade führten ihn die ersten Jahre, in der Architektur Günter Domenig. Hauptsächlich vertraut Liaunig, der die Anfänge von Otto Mauers Galerie Nächst St. Stephan von Beginn an verfolgte, auf den Rat von Galeristen ("Das kostet. Aber man zahlt fürs Know-how, immer.") Anfangs gab es kaum welche, und als John Sailer seine Ulysses gründete, waren die fixen Verträge für Künstler "eine kleine Sensation".

Aus dieser Zeit und Generation stammt das meiste, das Liaunig, der sich auf österreichische Kunst nach 1945 spezialisiert, erwarb: Rainer, Lassnig, Mikl, Prachensky, Staudacher. Aber auch Kocherscheidt, Ringel, Pongratz - und Gironcoli. Und die heute nicht mehr so "Jungen Wilden", aber auch Klassiker wie Boeckl und Wotruba. 2000 Arbeiten sind es insgesamt, davon werden rund 300 Grafiken, 170 Bilder und 80 Skulpturen im neuen, noch zu bauenden Museum, ständig präsent sein.

In den Räumen seiner Wiener "Herbert Liaunig Privatstiftung", die der Unternehmer u.a. aus steuertechnischen Gründen seit über zehn Jahren betreibt, findet man auch Skulpturen von Herbert Flois oder Bilder von Franco Kappl und Suse Krawagna - denn manchmal kauft er auch jüngere Kunst. Internationales reizte ihn weniger. Liaunig: "Bei den Topleuten wie Tapi`es, Kiefer, Baselitz oder Morandi gibt es nichts mehr Erstklassiges am Markt. Außerdem sehe hier keinen 'unique sales point'."

Als Benchmark nennt der Sammler die Sammlung Essl. Er wird sich in seinem Museum auf Grafik konzentrieren. Und auf heimische Künstler konkreter Kunst. Die Liaunig - zu Recht - trotz hervorragender Leistungen in Österreich als "unterrepräsentiert und vergessen" bezeichnet. Permanent in Neuhaus sollen deshalb, und hier füllt er wirklich Lücken, Werke von Robert Adrian, Hermann Painitz, Helga Philipp oder von Richard Kriesche zu sehen sein.

Einen kleinen Einblick in den Geschmack des bis dato kunstpublikumsscheuen Sammlers gewährt derzeit das Museum moderner Kunst Kärnten (bis 18. 4.)
(DER STANDARD, Printausgabe, 26.2.2004)


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