Idyllischer Treibhauseffekt
Von Claudia Aigner
Was ist das: Es sieht aus wie ein Knäuel voller "Elk"-Häuser,
es befindet sich auf einer Umlaufbahn um die Erde und die Astronauten
drinnen tragen höchstwahrscheinlich Steireranzug und Dirndl und trinken
vielleicht auch noch ein "Gösser", wobei es völlig ihnen überlassen
bleiben dürfte, ob sie nach jedem Schluck mit Bierschaum vor dem Mund
jodeln. Ein Steirerwitz? Oder hat "Elk" einen Architekturwettbewerb für
die "steirische MIR" gewonnen? Oder tarnen Außerirdische ihre Ufos
neuerdings als Vertrauen erweckende Einfamilienhäuser? Natürlich
nicht. Es handelt sich vielmehr um eine Vision von W. W. Anger, derzufolge
das Weltall sozusagen in Bauland umgewidmet wird. Und weil es offenbar
nicht geglückt ist, in der Galerie Cult (Bandgasse Nr. 19) die Schwerkraft
auszuschalten (dafür hätte man sie ja ins All schießen müssen), hängen die
Modelle der Häuschen an Fäden von der Decke (bis 11. November). Lauter
gleiche Fertigteilhäuser, die sich irgendwie zu Klumpen zusammengeballt
haben und in alle nur erdenklichen Richtungen wegstehen und die folglich
eh nur im schwerelosen Raum existieren können (wenn es nämlich die
Hausbewohner ohnedies nicht mitkriegen, wenn sie auf dem Kopf stehen). Das
kann man guten Gewissens als bitterböse Parodie auf den Traum vom
Eigenheim lesen. Als Weltflucht allemal. Zimmer zu vermieten. Keine
Nichtschwimmer! In der Welt, wie sie auf den komplett digital erzeugten
"Fotos" von Klaus Schuster ausschaut, dürften die Polkappen bereits
geschmolzen sein, weshalb sämtliche Strandhäuser überschwemmt sind, aus
denen wohl alle Menschen bereits evakuiert wurden (die ja vielleicht schon
längst auf der Warteliste für ein "Weltraum-Elk" stehen). Freilich handelt
es sich dabei um ein dermaßen sauberes, geradezu stubenreines Hochwasser
(wahrscheinlich mit Trinkwasserqualität): Wenn es jemals wieder
zurückgehen sollte, dann wäre nichts angeferkelt, sondern der Teppich wäre
frisch gewaschen. Alles glänzt wie poliert, auf jedem Quadratzentimeter
gibt es raffinierte, verführerische Spiegelungen, Schatten und irritierend
schön flimmernde Wassermassen (wirklich gut gemacht). Eine regelrechte
Treibhauseffekt-Romantik bzw. eine Katastrophengebietsidylle. Auch das
verstörende Spiel mit dem Drinnen und Draußen hat was. (Man blickt aus dem
Fenster eines Bungalows und sieht statt in den erwarteten Himmel auf einen
Plafond, weil der Häuslbauer seine Hütte anscheinend in einem Hallenbad
errichtet hat.) W. W. Anger und Klaus Schuster scheinen sich beide auf
einen hinterfotzigen Galgenhumor der kitschig-sentimentalen Art zu
verstehen.
Erschienen am: 03.11.2000 |
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