Karl Prantl 1923-2010

Seine Steine schlagen Wurzeln

08. Oktober 2010, 18:21
  • Artikelbild: Karl Prantl im Herbst  2008 bei der 
Ausstellung 'Karl Prantl - Steine' in der Galerie Ulysses in 
Wien aus Anlass seines 85. Geburtstags - Foto: APA/Techt
    vergrößern 600x400

    Karl Prantl im Herbst  2008 bei der Ausstellung 'Karl Prantl - Steine' in der Galerie Ulysses in Wien aus Anlass seines 85. Geburtstags

  • Artikelbild: Karl Prantl 2008  in seinem Skulpturengarten im burgenländischen Pöttsching - Foto: APA/Huber-Lang
    vergrößern 600x400

    Karl Prantl 2008  in seinem Skulpturengarten im burgenländischen Pöttsching


Am Freitag starb einer der wichtigsten österreichischen Bildhauer der Nachkriegszeit. Das 1959 von Karl Prantl gegründete Internationale Bildhauersymposium St. Magarethen diente weltweit als Vorbild

Pöttsching - Vor zehn Tagen ließ Karl Prantl seinen letzten Stein im Garten hinter dem Atelier aufstellen: Granit, zehn Meter hoch, sein Leben lang hatte er den Stein gekannt, betrachtet, mit ihm geredet. Mit ihm gearbeitet. "Durch das lange Dransein zeigt sich der Stein letztlich in seiner ganzen Schönheit" , hatte er bei einem der letzten Besuche gesagt und einen Satz von Joseph Brodsky zitiert:"Ob ihr's glaubt oder nicht, die Evolution hat ein Ziel: Schönheit."

  • MEHR ZUM THEMA
  • Ziel:Jetzt buchen! Flüge ab 29€ - flyniki.com

Am Freitag in der Früh, wenige Wochen vor seinem 87. Geburtstag, ist Karl Prantl gestorben: vor der Tür. Dort, wo der Enkel eines Landwirtes zeitlebens am liebsten war:in der Natur. In Pöttsching, dem Ort seiner Kindheit. Und seiner Kunst.

"Wenn man als Kind den Mähleuten Wasser auf das Feld gebracht hat oder wenn man über einen Pferdeschädel streichelte: Das waren unglaubliche Erlebnisse. Dieses bäuerliche Leben mit und in der Natur hat mich immer bewegt. Ich bin froh, dass ich das auf eine andere Weise, mit meinen Steinen, leben kann."

Bildhauersymposium

Bis zuletzt ging Prantl, wenn es seine Gesundheit nur zuließ, hinaus zu seinen Skulpturen, schritt die kilometerlangen Steinspuren in der Wiese ab, vorbei an Feldern und Äckern, hielt Zwiesprache, strich über ihre Oberflächen: "Ich sehe immer die Wesenhaftigkeit des Steines" , hatte er erklärt und auf einen Labradorstein aus Norwegen gezeigt: "Wenn Sie an diesem Stein Wochen und Monate arbeiten, dann schauen Sie nur in Augen hinein. Werden ständig von Augen angeschaut. Das ist das Depot aller menschlichen Augen. Alle Augenfarben sind in diesem Stein."

1959 gründete er das Internationale Bildhauersymposium St. Margarethen im Burgenland. Weltweit, aber vor allem für Künstler aus dem damaligen Ostblock wurde es in den 1960er- und 70er-Jahren zum Synonym für künstlerische Freiheit: "Die Einladungen mussten notariell beglaubigt sein, damit unsere Kollegen überhaupt aus ihrem Land hinausdurften" , erinnerte er sich. Bildhauerkollegen trugen die Idee von der gemeinsamen Arbeit im Steinbruch in ihre Heimatländer, gründeten Bildhauersymposien rund um den Globus. Nur in St. Margarethen gibt es seit langem kein Symposium mehr. Es mangelte - zur großen Enttäuschung Prantls - an finanzieller Unterstützung durch die Kulturpolitik.

Kein Elfenbeinturm

Besonders berührend seine Dankesrede, als er vor zwei Jahren, nach jahrzehntelanger Verweigerung, mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet worden war. Er erinnerte mit Tränen in den Augen an die berühmten - und bedrohten - Steine von St. Margarethen. Einige hatte er auf eigene Kosten aus dem Steinbruch abtransportieren und auf Feldwegen und Ackerrainen in Pöttsching wieder aufstellen lassen:Land-Art. Kunst im öffentlichen Raum, die ihresgleichen - nicht nur in Österreich - sucht. Prantl, der zwischen 1946 und 1952 bei Albert Paris Gütersloh Malerei studiert hatte, tauschte den, wie er es einmal nannte, "Elfenbeinturm" des Ateliers gegen Arbeit unter freiemHimmel.

Seine Skulpturen werden in Pöttsching Wurzeln schlagen, weiter in die und mit der Landschaft verwachsen: "Zuerst ist der Stein, dann der Baum, und dann, irgendwann, dann erst kommt der Mensch. Umgekehrt ist es genauso. Ich bin der Nächste, der gehen wird. Dann die Bäume, die wir im Garten gesetzt haben, die Kirsch- und Nussbäume. Und irgendwann vergeht auch der Stein. Zerbröselt. Wird zu Erde." (Andrea Schurian, DERSTANDARD-Printausgabe, 09./10.10.2010)

 

weitersagen:
drucken
cooper the Bloom 
09.10.2010 21:30
er war einer der ganz ganz großen Künstler in Österreich!

jean val jean
09.10.2010 14:41

es ist ewig schade um st margareten
aber dafür hat der eszterhazy erbe anscheinend kein interesse
für ihn zählt nur das geld

clemens sturm
09.10.2010 10:19

De mortuis nihil nisi bene.

08.10.2010 18:32
.
[4]
.
R.I.P.

Großartiger Bildhauer. Auch wenn Karl Prantl mit Land-Art nun wirklich nichts zu tun hatte, nichts für Ungut, Andrea Schurian.

Scholem Alejchem  
08.10.2010 15:05
.
[4]
.
Auf Wiedersehen

Querdenker und trotzdem freigiebiger Mensch. War eine Freude, Dich noch einmal zu sehen.

08.10.2010 21:04
.
[3]
.
querdenker - freigiebig

gerade diese zwei gehören oft zusammen und brauchen selten ein "trotzdem" :-)

Die Kommentare von User und Userinnen geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen (siehe ausführliche Forenregeln), zu entfernen. Der/Die Benutzer/in kann diesfalls keine Ansprüche stellen. Weiters behält sich die derStandard.at GmbH vor, Schadenersatzansprüche geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.