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17.08.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kritik Ausstellung: Als wär's ein White Cube
VON JOHANNA HOFLEITNER
Im MUMOK reizt Christian Hutzinger die Funktionalität der "Factory" malerisch aus: "Still".

Fürs unterste Geschoß des Wiener Museums moderner Kunst entschieden die Planer dereinst, die Leitungen für Lüftung, Elektrik und dergleichen sichtbar unter der Betondecke verlaufen zu lassen. Auch als der schachtelförmige Depotraum als "Factory" zum Ausstellungsbereich erklärt wurde, fiel diese bauliche Spezialität nicht weiter ins Gewicht, zumal dort vor allem Videos, Installationen, Dokumentationen gezeigt wurden.

Mit der Ausstellung Christian Hutzingers erlebt die "Factory" nun eine Premiere als Präsentationsort für Malerei. Hutzinger, Jahrgang 1966, ist ein Künstler, der in seiner bisherigen Karriere keineswegs nur in weiß getünchten Galerieräumen gearbeitet hat. Da wurde schon auch mal Großmutter Resas graue Wiener Zinswohnung oder die holzverkleidete Mansarde im elterlichen Wohnhaus zum Ausstellungsraum umfunktioniert.

Seine allererste Museumspersonale legte Hutzinger, dessen geometrische flächige Malerei in den 80ern gewiss als "Neo Geo" etikettiert worden wäre, aber denn doch museal an - und verleiht damit auch den Versorgungsrohren entsprechende Weihen. Den missing link bildet eine Lieblingsform Hutzingers: ein an ein Ofenrohr erinnernder Balken mit knieförmigem Abschluss. Wie ein Leitmotiv durchzieht er die Ausstellung.

Als wär's ein edler White Cube, hat Hutzinger ein Konzept entwickelt, das die lang gestreckte Form, den Terrazzoboden sowie die Decke mitsamt ihren schimmernden Zinkröhren zum Bestandteil der Installation macht. Da reihen sich an der Längswand zwölf leuchtend bunte Bilder aneinander. Die Formen erinnern fern an Bauklötze, Stöcke oder schlicht an Elemente aus der Werbegrafik. Ein Gegengewicht bilden auf der Wand gegenüber schräge Fotomontagen vor malerischem Hintergrund. Schließlich die Stirnwände: Da lehnt einmal fast raumhoch ein gelbes Rechteck an der Wand, dann schoppen sich rote Scheiben mit Buchstaben zu dem - zugleich titelgebenden - Wort "S-T-I-L-L".

Vis-à-vis eine riesige Wandmalerei. 26 braun-gelb-beige Scheiben türmen sich, scheinen soeben aus einem Rohr knapp unter der Decke gepurzelt zu sein: Wie da die Malerei den Blick lenkt und Gewicht, Bodenhaftung, Schwerkraft auf ihr Dasein pochen lässt! Zwar spielt in dieser Mis-en-scène das zur Hälfte weiße, zur Hälfte ockerfarbene Band der Wände als Träger für Bilder aller Art eine Hauptrolle. Zugleich sendet Hutzingers vielgestaltige Malerei aber auch ihrerseits Angebote an den Raum, geht Allianzen mit dem Umfeld ein. Sie verdoppelt sich im Boden durch Spiegelung - und fordert den Betrachter auf, seinerseits Gedankenverbindungen zu den Bildern und Mustern des Alltags herzustellen.

Zu kurz würde es greifen, Hutzingers Malerei auf ihren dekorativen, manchmal schmunzeln machenden Gehalt zu reduzieren. Es wäre eine Verniedlichung. Spielerisch ist sie jedoch allemal.

Bis 10. 10., Di.-So. 10-18h, Do. 10-21 h

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