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13.04.2002 - Ausstellung
Bodycheck mit Grace und Lolita
Flatz ist ein Künstler - und eine Art Maske. Der Fünfzigjährige stammt aus Vorarlberg, lebt in München und wird jetzt in der Kunsthalle Krems im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Kunst gegen Gewalt" präsent.
VON KRISTIAN SOTRIFFER


Sein "Markenzeichen" oder Logo trägt er auf dem Rücken - es ist eine tätowierte Faust.

Nicht, daß Flatz mit ihr drohte, aber sie bildet für ihn ein Zeichen der Gewalt gegen sie. Mittels künstlerischer Haltungen sucht er Aggressionen zu bekämpfen. Form und Inhalt entstehen bei ihm aus Aktion und Reaktion. Die Aktion setzen zunächst andere.

Im Jahr 1975, während einer Phase autoaggressiver "Stücke", erzählt er neben weiteren (aus Auftritten hervorgegangenen) Episoden folgende Geschichte: "Ein Mensch besuchte eine Ausstellungseröffnung. Er war mit einem weißen Anzug bekleidet. Ein schwarzer Sack verhüllte sein Gesicht. Er schwieg. Etwa 200 Ausstellungsbesucher waren anwesend. Nach ca. 5 Minuten wurde er von mehreren Ausstellungsbesuchern eine Treppe hinuntergeschlagen, zur Polizei geschleppt und inhaftiert."

Im selben Jahr "aktivierte" der österreichische Staatsbürger Flatz am österreichischen Nationalfeiertag zwölf Stunden hindurch "sein nationales Bewußtsein" auf dem Grazer Hauptplatz. Derartige "Performances" haben etwas mit seinen Erfahrungen zu tun, und die sind in einem "schwierigen Kunstland" (nicht was Produktion und Qualität angehe) eher leidvoll.

Macht und Masse

So kam es, daß der Künstler - wie der Kritiker und Moderator der Reihe "Kunst gegen Gewalt", Rainer Metzger anmerkt - im eigenen Land "auf groteske Weise unbeachtet" blieb. Was Flatz jetzt in fünf Galerieräumen ausbreiten kann, schöpft die Dimensionen seines Handelns nicht aus.

Wer die documenta IX (1992) besucht hat, erinnert sich vielleicht an schwarze Punchingballs mit dem Titel "Bodycheck - Physical Sculpture Nr. 5". Flatz interpretierte sie als Metapher für das Zusammenspiel von Macht und Masse, Täter und Opfer, Künstler und Gesellschaft. Jetzt finden sich diese Säcke wieder, den Eingang in jenem Raum abschirmend, blockierend, in dem er andere seiner "Physical Sculptures" versammelt. Sie beziehen sich auf Trimmgeräte, bestehen aber aus verrottetem Material, wirken wie Folterinstrumente, Persiflagen auf Bodybuilding mit ironischen Titeln wie "Grace" oder "Lolita".

Eine Bilder-Serie trägt den Titel "Zeige mir einen Helden, und ich zeige dir eine Tragödie". Die Reihe reicht von Robespierre bis Andreas Baader. Hitlers Posen ahmt Flatz in einer anderen Bildfolge nach. Humor und Ironie blitzen immer wieder auf. Die Deutschen hätten damit, wie Flatz sagt, im Gegensatz zu den Engländern ein wenig Probleme. Aber: "die Österreicher haben generell Probleme". Und zwar mit einer hierzulande latenten Aggressivität gegenüber künstlerischen Aktionen, die als Eroberung eines Freiraums nicht verstanden oder nicht akzeptiert werden.

Am Samstag (Eröffnungstag) um 16 Uhr zeigt Flatz auf der "Kunstmeile Krems" eine "mediale Skulptur" mit dem Titel "Einer für Alle". Über den Ablauf des damit verbundenen Auftritts verriet er nichts.

Bis 28. April, täglich 10 bis 18 Uhr.



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