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Patschenkino für Wahrsager

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Leger ausgedrückt sind Kristallkugeln das "Patschenkino der Wahrsagerinnen" (auch wenn niemand annehmen wird, dass sich Hellseherinnen in ihren magischen Kugeln insgeheim auch nur "Reich und schön" anschauen). Jedenfalls erwartet man sich mehr Handlung, als dass einfach nur alle paar Minuten eine Straßenbahn der Linie 46 durchs Bild fährt wie in der Kugel einer gewissen Ona B.
Hat da jemand die Fernsehgebühr nicht gezahlt und wird jetzt mit einem Sparprogramm abgespeist, das nicht viel spannender ist als die Vorkommnisse in einer Glaskugel, in der es schneit, wenn man sie schüttelt? Nein. Genau das selbe wie in der Kugel sieht auch jeder, der der Kugel "über die Schulter schaut", nämlich (bis 11. November) aus dem Fenster der Galerie Atrium ed Arte (Lerchenfelderstraße 31) blickt. In Ona B.s Kugeln soll sich lediglich die jeweilige Umgebung optisch verdichten.
Ona B. hat eine Vorliebe dafür, mysteriöse Objekte in die Nähe ihrer Bilder zu lassen. Oder ihre abstrakte Malerei mit jedem Dekagramm Sinnlichkeit, das sie am Leib hat, im Raum fortzusetzen. Ona B.: "Ich mach das nicht exhibitionistisch." Eher mit mythischem Pathos. Etwa wenn sie vor einem rot lodernden Gemälde einschläft, bekleidet mit einem roten Lippenstift und einer roten Schlafmaske und in eine rote Decke eingewickelt, also perfekt getarnt. Wagnerianer werden da an Brünhilde auf dem feuerumbrandeten Walkürenfelsen denken. Auf dem "Beweisfoto" sieht das so zeitlos aus, Ona B. könnte genauso gut noch Jahrzehnte die Augen zu haben und darauf warten, dass der noch gar nicht geborene Siegfried endlich alt genug ist, um sie aufzuwecken.
Ona B. geht einem vor den flaumig weißen Arbeiten, die in der Galerie zu sehen sind, direkt ab. Die Bilder haben aber immer noch genug Ausstrahlung, um dem Raum eine fast religiöse Aura zu verleihen. Als wäre dieses sinnlich nebulose Weiß, das alle Farben spielt, der Dunst vom germanischen Niflheim höchstpersönlich (nachdem freilich jemand das Licht angemacht hat). Was Prosaiker einen Blick in die Ausdünstung einer Nebelmaschine nennen würden, ist eine Huldigung an das "Nordlicht", das hier nichts mit den Lichtverhältnissen am Nordpol zu tun hat, sondern mit dem gleichmäßig klaren Licht in Ona B.s Atelier, wo die Fenster nach Norden gehen.
In Summe sind die Flecken Venedig oder Rom oder unser Heldenplatz. Rudolf Hradil (bis 4. November in der Galerie Wolfrum, Augustinerstraße 10) hält sich beim "Pritscheln" auf dem Aquarellpapier nicht mit Fensterbankerln und manchmal nicht einmal mit Fenstern oder Türen auf. (Das Geheimnis eines guten Aquarells ist es ja gerade, dass niemand auch nur auf die Idee käme nachzuzählen, ob denn alles da ist.) Hradils Blätter bestechen durch die sichere Komposition, verbunden mit einer gedämpften, reduzierten Palette, die alles harmonisch zusammenhält (vorzugsweise in Farben, für die er den Pinsel quasi gleich in die Wasserverschmutzung im Canal Grande tunken hätte können). Harmonie und Zurückhaltung sind selbstverständlich nicht gleichbedeutend mit "komatösem Temperament".

Erschienen am: 03.11.2000

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