Forellen in der Wüste
(cai)Also
ich
würde ja einfach eine Ausgabe von "Bambi" auf die Südosttangente werfen
und das zerfledderte Buch den im Straßenverkehr getöteten Rehen widmen.
Zum Glück haben
professionelle Künstler aber eh bessere
Ideen, wenn es darum geht, etwas mit "gebrauchtem" Papier anzustellen
(mit Büchern oder Fotos mein’ ich, nicht mit .. . pfui gack!).
In der eher unaufdringlichen Ausstellung "Second Hand" wird man
dauernd von feinen intellektuellen Pointen überrumpelt. Eine
"zufällige" Ansammlung von Ansichtskarten entpuppt sich als originelle
Form der chronologischen Ordnung. Immerhin ist alles nach der Uhrzeit
geordnet, die auf jenem Uhrturm angezeigt wird, der die Glocke Big Ben
beherbergt. Das Aha-Erlebnis (oh, Elizabeth McAlpine hat ja für beinah
jede Minute von 3.00 Uhr bis 3.59 Uhr eine Ansichtskarte aufgetrieben!)
ist so überwältigend, als hätte man mitten in der Wüste die Mumie einer
Forelle gefunden. Okay, fast so überwältigend.
Wenn man sich arglos den 40 Blättern von Belen Rodriguez nähert, ist
man am Ende ebenfalls tief beeindruckt. Die akribischen Kopien von
bekannten Druckgrafiken (von 40 Rembrandt-Radierungen? Nein, von 40
Seiten aus allen nur erdenklichen Schulheftsorten – liniert, kariert,
mit Korrekturrand ...) sind Stickereien! Und mit seinem
Briefmarkenalbum könnte Hans Schabus ein Mädel durchaus betören ("Darf
ich Ihnen meine Briefmarkensammlung usw.?"). Er outet sich da als
wahrer Ästhet. Denn die Marken sind nicht pragmatisch nach Ländern
sortiert, sondern nach Farben. Der rote Lenin ist mit dem Großen
Vorsitzenden von Weihnachten (Santa Claus) im selben "Team". Wenn Sie
jetzt diesen Artikel ausschneiden und ... ach, da fällt Ihnen sicher selber was ein, was Sie damit tun könnten.
Zu tief in der Nase gebohrt
(cai)Woran liegt es wohl, wenn eine Dampfwalze durch einen
U-Bahn-Waggon donnert und die Fahrgäste plattmacht? Äh, am schlechten
Karma vielleicht? Und wenn Krokodile und Exhibitionisten die gleiche
U-Bahn nehmen wie man selber? Hm, wie gesagt: schlechtes Karma. Oder
man hat einfach zu tief in der Nase gebohrt und dabei versehentlich mit
dem Finger den Verstand ein bissl umgerührt und das hat Halluzinationen
ausgelöst. (Sie haben ja keine Ahnung, wie viel Nasenbohren nötig war,
bevor mir dieser Satz zuteil wurde.) Nein, jetzt weiß ich’s: Es ist die
Kunst, nicht das Karma! Norbert Brunner hat sich surreale Szenen
ausgedacht, die in der Londoner U-Bahn garantiert nie passieren werden.
Vom Hocker hauen einen die Einfälle ja nicht unbedingt. Der Zeichenstil
ist auch eher schwerfällig und bescheiden.
Ganz böse Eier
(cai)Jeder kennt das "Ei des Kolumbus", aber wie geht der Trick "Die
Eier von Satan"? Ganz einfach: Man nehme Mehl, Zucker, Butter,
geriebene Nüsse, Haschisch und keinesfalls Eier und forme aus dem Teig
Kugerln. Dieses Rezept für Haschischbällchen wird jedenfalls in einem
Krachgesang der Gruppe "Tool" rezitiert. Wieso Daniel Maria Thurau
freilich "Die Eier von Satan" (oh, wär’ ein toller Titel für einen
apokalyptischen Mystery-Thriller) groß auf ein liebliches
Mädchenbildnis schreibt, weiß ich auch nicht. Man mag seine viel zu
schönen Bilder oberflächlich nennen (diese aufreizende Grazie). Sogar
wenn er die Leiber deformiert und den Malprimitivling rauslässt,
schwelgt Thurau in den süffigsten Farben. Doch sein schmissiger Pinsel
macht den Betrachter halt willenlos. Diese Bilder gehen runter wie
Götterspeise.
Engholm Engelhorn
Galerie (Schleifmühlgasse 3) Second Hand Bis 28. Februar Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr Sa.: 11 – 15 Uhr
Gabriele Senn Galerie
(Schleifmühlgasse 1) Norbert Brunner, Lienz Bis 28. Februar Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr Sa.: 11 – 15 Uhr
Galerie Lang
(Seilerstätte 16) Daniel Maria Thurau Bis 24. Februar Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr Sa.: 11 – 16 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 11. Februar 2009
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