Salzburger Nachrichten am 18. Jänner 2006 - Bereich: Kultur
13.000 Seiten Klimt-Akten Österreich wird fünf
Gemälde von Klimt an die Erbin Maria Altmann restituieren. Diese wünscht
sich, dass die Bilder in Österreich bleiben. Ein Vergleich war nicht
möglich.
Wien (SN). Die Republik Österreich werde dem Schiedsspruch über die
Rückgabe von fünf Klimt-Gemälden aus dem Bestand der Österreichischen
Galerie an die Erbin Maria Altmann Folge leisten. Dies gab
Bundesministerin Elisabeth Gehrer am Dienstag bekannt. Das österreichische Schiedsgericht sei unter Anwendung des
österreichischen Rechts - insbesondere des österreichischen
Kunstrückgabegesetzes 1998 - zum Ergebnis gelangt, dass die Bilder Adele
Bloch-Bauer I ("Goldene Adele"), Adele Bloch-Bauer II, Apfelbaum,
Birkenwald/Buchenwald sowie Häuser in Unterach am Attersee an Maria
Altmann und ihre Familienmitglieder zu restituieren sind, heißt es in
Gehrers Erklärung. Obwohl es sich bei den fünf Gemälden um herausragende
Werke der österreichischen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts handle, werde
die Republik Österreich dem Schiedsspruch Folge leisten. In einem am Montag in der ORF-Sendung "Treffpunkt Kultur"
ausgestrahlten Interview sagte die Erbin Maria Altmann: "Ich möchte auch,
dass die Porträts in Österreich bleiben." Das sei auch im Rahmen der
Schiedsverhandlungen angesprochen worden, und das habe sie bereits vor
sieben Jahren in einem Brief an Ministerin Elisabeth Gehrer geschrieben.
Dieser sei jedoch nie beantwortet worden. "Ich wollte es so gern in
Frieden lösen, aber es war nicht zu machen." Zu den drei Landschaften sagte Altmann, sie werde danach trachten, dass
sie nicht von privater Seite, sondern von Museen erworben würden. Am
Dienstag sagte die Bildungsministerin zu eventuellen Rückkäufen mit
Mitteln der Republik, dass dieser "bei weitem unsere finanziellen
Möglichkeiten" übersteigen würde. Allein die genannte Summe für das
Porträt "Adele Bloch-Bauer I" (70 bis 120 Mill. Euro) sei "das gesamte
Budget aller Bundesmuseen in Österreich". Man werde aber nach anderen
Wegen suchen. "Vielleicht gibt es Sponsoren, oder die Familie selbst ist
bereit, etwas als Leihgabe zur Verfügung zu stellen", sagte Gehrer im
ORF-Mittagsjournal am Dienstag. Schwieriger Fall für das Schiedsgericht Das dreiköpfige Schiedsgericht
hat am Dienstag in einer "ungewöhnlichen Pressekonferenz"
(Schiedsgerichts-Vorsitzender Peter Rummel) seine am Montag bekannt
gewordene Entscheidung erläutert. Zu anderen als rechtlichen
Interpretationen war man nicht bereit: "Wir wollen den Fall nicht
politisch kommentieren", sagte Rummel. Auch das Abstimmungsergebnis
wollten die drei Juristen nicht bekannt geben. "Der Fall war außerordentlich schwierig", sagte Rummel und verwies auf
13.000 Seiten Akten sowie auf den Umstand, dass es direkte Zeugen nicht
mehr gab: "Beide Standpunkte hatten etwas für sich." Die strittige Bitte
im Testament von Adele Bloch-Bauer an ihren Mann, die Kunstwerke nach
seinem Tod der Galerie zu hinterlassen, sei ein rechtlich unverbindlicher
"bloßer Wunsch" gewesen. Die Frage, ob der Rückgabebeirat, der vor einigen Jahren gegen die
Rückgabe entschieden hat, von der gleichen Aktenlage ausgegangen sei wie
das Schiedsgericht, beantwortete Rummel so: "Neue Dokumente sind
zweifellos aufgetaucht", ob es die entscheidenden gewesen seien oder sie
nur einen Eindruck des Schiedsgerichts verstärkt hätten, könne er nicht
sagen. Man habe bei den Bildern ein Eigentum von Ferdinand Bloch-Bauer
angenommen. "Wir haben geglaubt, die besseren Indizien für sein Eigentum
zu haben", so Rummel. Die Frage, was mit den Bildern und speziell mit den Porträts danach
geschehen solle, sei nicht Gegenstand der Beratungen des Schiedsgerichts
gewesen. Das Schiedsgericht habe "einen Einigungsversuch entriert", dieser
habe aber zu keinem Ergebnis geführt. Zu Überlegungen der Erbin Maria
Altmann über den künftigen Verbleib der Bilder wolle man nicht Stellung
nehmen. "Ein Schiedsspruch steht einem gerichtlichen Urteil vollkommen gleich",
sagte Walter Rechberger, neben Andreas Nödl weiteres Mitglied des
Schiedsgerichts. "Mit dem gestrigen Tag ist der Schiedsspruch wirksam
geworden, seine Feststellungen sind daher rechtskräftig." Das ebenfalls in der Österreichischen Galerie Belvedere befindliche
Klimt-Gemälde "Amalie Zuckerkandl" sei "ein zweites, von diesem formal
unabhängiges Verfahren", so Schiedsgerichts-Vorsitzender Peter Rummel.
Dieses Bild wird sowohl von den Bloch-Bauer-Erben als auch von der Familie
Müller-Hoffmann beansprucht. Das Schiedsgericht bestätigte, dass es sich
mit dem Fall ab nun befassen werde. Das Schiedsgericht betonte die Schwierigkeit des Falles Bloch-Bauer:
"Es ist kein Anlass zu denken, die Republik habe sich unvernünftiger Weise
so lange gewehrt, auch auf dieser Seite gab es gute Argumente. Es war
durchaus honorig und vertretbar, diesen Fall auszustreiten", betonte
Rummel. Über mögliche Folgewirkungen könne man "nur spekulieren", so Walter
Rechberger, der sich aber nicht vorstellen kann, "dass das ein echter
Präzedenzfall sein könnte". |