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Stenzel: "Bei der Secession hab ich Bauchweh"

02.03.2010 | 14:07 | von HEIDE RAMPETZREITER (DiePresse.com)

Die Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt im Interview mit DiePresse.com über den Swingerclub in der Secession, Kunst im Grenzbereich zur Pornografie und ihre Forderung nach der Zurückzahlung der Steuergelder.

DiePresse.com: Sie sagten, das Kunstprojekt "Raum für Sex-Kultur" von Christoph Büchel in der Secession, in dem ein Swingerclub seinen Betrieb aufgenommen hat, hätte sich ihre Genehmigung erschlichen. Wie lief das ab?
 
Ursula Stenzel:
Ich habe vor Monaten ein Ansuchen bekommen, darin stand etwas von Publikumstanz und Themenpartys. Die Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession hat jedes Jahr eine Veranstaltung, die grenzwertig ist. Der Swingerclub war aus dem Ansuchen nicht ersichtlich. Diese Kunstaktion ist mit viel Geld verbunden: Die Secession bekommt 550.000 Förderung im Jahr, davon 330.000 Euro von der Stadt Wien und 220.000 Euro vom Bund. Was jeder privat macht, ist mir egal, solange Anrainer nicht gestört werden. Aber da wurden unter falschem Vorwand Steuergelder für eine Kunstaktion erschlichen.
 
Es gibt Forderungen, die Subventionen für die Secession zu kürzen. Bürgermeister Michael Häupl sagte, er denke nicht daran. Wie sehen Sie das?
 
Stenzel:
Die öffentliche Hand hat eine Verantwortung für die Kunst. Ein Haus für einen Swingerclub zu verwenden, ist missbräuchliche Verwendung von Subventionen. Die Vereinigung sollte das Geld sofort zurückgeben.

Seit wann wissen Sie von dem Swingerclub?
 
Stenzel:
Seit der Eröffnung. Büchel ist ein Künstler, wo ich nicht unbedingt hingehen muss - ein Grenzgänger, der sich auf dem Kunstmarkt etablieren konnte. Ich wurde durch die Zeitung "Österreich" darauf aufmerksam gemacht. Wie die Secession mit staatlicher Kunstförderung umgeht, ist skurril. Wenn Büchel bloßstellen wollte, wie skurril in Wien die Kunstförderung ist, ist ihm das gelungen.
 
Wäre eine Kürzung der Gelder nicht eine Beschneidung der Freiheit der Kunst?
 
Stenzel:
Nicht eine Beschneidung der Kunst, eine Beschneidung des Vereins. Ich habe immer Bauchweh bei der Secession, etwa wenn sie einen Würstelstand als Kunstprojekt aufstellen. Die Frage ist ja, wer dahinter steckt und was haben die für ein Konzept? Die Secession ist ein Juwel von Wien - und sie wird fast ununterbrochen für grenzwertige Kunstprojekte genützt. Was hat das mit der Secession zu tun? 330.000 Euro fließen in die Secession - sie ist eine der bestdotierten Kulturinsitutionen Wiens. Andere ringen ums Überleben.

Büchels Installation ist doch auch ein inszenierter Skandal.
 
Stenzel:
Das ist ihm gelungen. Ich hätte das, wenn es deutlich gewesen wäre, nie genehmigt. Ich verlange umgehend, dass die Kulturförderung zurückgezahlt wird. Die Sache muss gestoppt werden und der Verein unter die Lupe genommen werden.
 
Im Museumsquartier werden ein Spermium, ein Darmausgang und ein mit Bikini bekleideter weiblicher Rumpf im Hof ausgestellt. Was halten sie von diesem, ebenfalls skandalträchtigen Projekt?
 
Stenzel:
Kunst und Pornografie! Dass Kunst in der heutigen Zeit der Marktwirtschaft zu solchen Mitteln greift, kann man Künstlern nicht verübeln. Darsteller in Pornos glauben ja auch, sie sind Schauspieler. Der Kunst nützen diese Elemente, um an Geld zu kommen.


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