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vom 13.09.2007 - Seite 022
ESSEN: OÖN sprachen mit Fritz Pleitgen, Intendant der EU-Kulturhauptstadt für das Jahr 2010

Das Ruhrgebiet wird Kulturhauptstadt

VON STEFAN MAY AUS ESSEN

"Ruhr 2010" steht für die bisher komplexeste Kulturhauptstadt Europas. Das sagt Fritz Pleitgen, der Vorsitzende der Geschäftsführung für das Großereignis in Essen in zweieinhalb Jahren. Linz wird mit einem gemeinsamen Projekt im Kulturhauptstadtjahr 2010 präsent sein.

Erstmals werde sich dort eine ganze Region, das Ruhrgebiet mit 53 Gemeinden, als Kulturhauptstadt präsentieren. Bis jetzt lägen rund 1000 Projektvorschläge vor, sagt der 69-jährige Pleitgen, vormals Intendant des WDR. Einsendefrist ist der 31. Oktober, im Herbst 2008 soll die Gesamtkomposition stehen.

Pleitgen gibt zu, dass man möglicherweise wegen des Schwerpunkts Integration in der Bewerbung den Zuschlag erhalten habe: "Hier leben 5,3 Millionen Menschen aus 140 Nationen." An einem Juli-Wochenende soll die Autobahn zwischen Dortmund und Duisburg gesperrt werden und Platz für einen 60 Kilometer langen Tisch bieten, zu dem alle mit ihren traditionellen Speisen und ihrer Musik geladen sind.

Gemeinsame Projekte arbeiten auch die Kirchen aus, sechs Autoren schreiben Homers Odyssee als "Odyssee Europa" weiter, an sechs Wochenenden werden die Stücke in sechs Theatern aufgeführt. Erstmals werden 20 Museen des Ruhrgebiets zusammenarbeiten und ihre Schätze austauschen.

Die Vergangenheit wird nicht ausgeblendet: 100 Meter über den 288 Standorten der ehemaligen Zechentürme sollen Fesselballons aufsteigen und Satellitenbilder davon gemacht werden, die dann um die Welt gehen. Schon jetzt hat die Kultur alte Industrieobjekte erobert, wie den Gasometer Oberhausen oder die Zeche Zollverein. Ähnlich hat sich die Kunst auf Abraumhalden etabliert.

Doch es gibt auch Probleme: "Sie kommen an die Jugend nicht heran." Deshalb werde es auch "massenattraktive" Veranstaltungen geben. Beispielsweise sind Gospelkonzerte für 80.000 Besucher geplant. Auch der Sport soll eingebunden werden und seine Integrationsfähigkeit beweisen.

"Ich staune jedes Mal, wie wenig das Ruhrgebiet mit seinem Image zu tun hat", sagte der Chef des 35-Mitarbeiter-Büros "Ruhr 2010", nachdem er aus Köln in seine Heimat zurückgekehrt ist. "Diese Kulturhauptstadt ist eine ganz große Chance, einen historischen Schritt nach vorne zu tun. Und für mich ist es die Erfüllung eines Traumes."

Fritz Pleitgen koordiniert Europas Kulturhauptstadt 2010.

Foto: Ruhr 2010


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