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vom 22.02.2007 - Seite 020
Schockierende und Störenfriede

"Museen im 21. Jahrhundert" ist seit Sonntag Lentos-Ausstellungsgeschichte - und Direktorin Stella Rollig wirft ihren Blick in Richtung Kulturhauptstadtjahr.

VON BERNHARD LICHTENBERGER

Ohne vom modernen, zeitgenössischen, internationalen Weg abzukommen, wird Kunstgeschichte über Sonderausstellungen weitergegeben. Das beginnt heuer (4. Mai) mit der ersten Museumsretrospektive der vor 50 Jahren gestorbenen Helene Funke, die zu den wichtigsten Wegbereiterinnen der internationalen Avantgarde zählte.

2008 kommt "Der Schrecken der Avantgarde" über das Lentos, mit aus heutiger Sicht etablierten Künstlern wie Schiele oder Kokoschka, "die zu ihrer Zeit nicht verstanden wurden. Wir wollen zeigen, was stilistisch das Schockierende war und wie sich vergleichend die Avantgarde von der Salonmalerei in den Bürgerhäusern abhebt", sagt Stella Rollig im OÖN-Gespräch.

Eine Ausstellung mit dem Arbeitstitel "Störenfriede" wird sich der Kunstzeit um 1960 widmen, "in der Künstler weniger stilistisch, dafür mehr gegen den Kunstbetrieb, die Museen, den Kunsthandel revoltiert haben".

Als Musterbeispiel gilt hier Hans Haacke, der 1971 durch seine erste große Einzelausstellung bekannt wurde, weil sie nicht stattfand. Haacke wollte im New Yorker Guggenheim-Museum die Verflechtungen desselben mit einem Immobilien-Unternehmen dokumentieren, weshalb der Direktor die Ausstellung absagte.

Im Hinblick auf 2009 versteht sich "das Museum als Partner", indem es Auftragsarbeiten vergibt, "gerade für Arbeiten, die über Galerien nicht so leicht zu verhökern sind", sagt Rollig und weist auf multimediale Kunst hin.

Eines dieser Projekte nennt sich "Das neugierige Museum". Zehn europäische Künstler, drei davon aus Linz, wurden eingeladen, "mit uns über das Lentos nachzudenken und neue Ideen darin umzusetzen". Das heißt, das Museum möchte von anderen lernen, denn "wenn man so einen Tanker wie das Lentos lenkt, merkt man, dass eh vieles schön und gut ist - man sieht aber auch, dass man im Alltagsablauf betriebsblind wird."

Und wo ist der Eingang?

So könnte etwa die Migrantinnen-Gruppe "MAIZ" darüber nachdenken, wie das Lentos mit Zugewanderten kommuniziert.

Der junge Berliner Architekten-Kreis "as if" wird sich phantasievoll mit der Ausstellungsarchitektur befassen, vielleicht ein Leitsystem entwickeln, das zum doch recht unscheinbaren Eingang zieht, etc.

Jedenfalls besteht die Absicht, dem Lentos eine große Rolle im Kulturhauptstadtjahr angedeihen zu lassen, beispielsweise auch den Museumsplatz als Knotenpunkt zu nutzen.

Und wie beurteilt jemand, der mit "Museen im 21. Jahrhundert" eine internationale Schau zur Kultur-Architektur nach Linz geholt hat, das Modell für das neue Musiktheater? Rollig: "Ein eleganter, braver, schöner Entwurf, der international nicht Furore machen wird."

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"Wir wollen zeigen, was stilistisch das Schockierende war."

STELLA ROLLIG

Stella Rollig will mit dem Lentos auch Partner der Künstler sein.


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