Tagblatt
Amtsblatt
EXTRA
SubSites

. _

Wiener Zeitung

1037 Wien, Rennweg 16 Tel. ++43 1 20699-0

-----

|||||

-----

[Home] [EU] [Staat] [Wirtschaft] [Kultur] [Wissen] [Computer]

.


Suche in:
Zeitung
Internet
Amtsblatt

Software
EDV-Links

Text + Bild

.

Historisches Museum der Stadt Wien zeigt Plakatkunst um 1900

. .

Zwischen Kunst, Kommerz und schockierender Gegenwart

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

300 Jahre Wiener Zeitung!Dass Kuratoren in Museen äußerst flexibel arbeiten müssen, auch wenn (oder eben weil) sie dort Beamtenstatus genießen, zeigt die Sonderschau "Kraftflächen. Wiener Plakatkunst um 1900". Für Frühjahr 2003 hatte Ursula Storch eine Ausstellung mit Katalog über den Sammler Serge Sabarski fertig gestellt, bevor das "Aus" wegen uneinhaltbarer Leihbedingungen von Kunstwerken kam. Wenige Monate später musste ein neues Konzept mit Katalog aus eigenen Beständen erstellt sein, wobei Georgi Stefanov mitarbeitete, die vielen Ikonen des Wiener Jugendstils bis 21. September in einer Architektur von Kühn-Malvezzi (das Team stand auch für den Aufbau der Documeta 11) zu präsentieren.
Interessant dabei sind nicht nur die alten im Litho-Verfahren bedruckten Plakate, sondern auch eine Diashow, die alte Plakatwände um 1900 auferstehen lässt. BesucherInnen können also auch durch die alten Stadtviertel Wiens streifen und so manches Original von der Wand in situ wiedererkennen. Kommerzielle Werbegrafik für den Tourismus oder Produkte wie Haarfärbemittel und Motoröl vermischen sich mit den kunstvollen Gestaltungen der Secessionisten - vor allem Gustav Klimt, Kolo Moser, Ferdinand Andri, Alfred Roller, Egon Schiele und Oskar Kokoschka. Von den Ausstellungsplakaten sind auch Variationen und beschlagnahmte Versionen zu finden. Verzerrte Schriften, Abstraktion und Ornament, dissonante Farbgestaltung irritierten damals ebenso wie erotische Elemente, die wir heute in Zeiten aggressiver Werbestrategie kaum mehr wahrnehmen. Parallelen von über Genitalien gemalten Bäumen und Abräumen von anstößigen Skulpturen aus Festspielstadt-Meilen lassen jedoch über die heutige Form der Zensur nachdenken.
Von Frankreich aus hatte sich das Medium Plakat und seine maschinelle Fertigung nach Toulouse-Lautrecs Vorbild erst über England und Amerika, danach auch nach Deutschland und Österreich ausgebreitet. Es wurde am Ende des 19. Jahrhunderts ein neuer Wirtschaftszweig, der in Wien mehr Werbeateliers, Fachzeitschriften und Plakatwände beanspruchte als in Berlin. Die Wiener Werkstätte war ab 1903 in Sachen Geschmackskultur mit Hoffmann, Moser u. a. führend, von ihr löste sich aber bald der frühe Kokoschka, um 1908 mit der Ankündigung seines Dramas "Mörder Hoffnung der Frauen" einen weiteren Skandal auszulösen.
Julius Klinger warb als Fachmann für Werbegrafik wenig später für eine Loslösung vom reinen Künstlerplakat, trotzdem ist das Medium bis heute Anreiz für sie geblieben (siehe die Serie von "museum in progress"). Absolute Highlights sind für uns heute die revolutionären Stücke der Secessionsausstellungen, deren minimalistische Formen auch gut für Folder, Katalogeinband, Einladung usw. dieser Schau passen. Die dazu im Eigenverlag herausgegebene, bei Holzhausen gedruckte, ästhetische und inhaltlich hochstehende Publikation versammelt auch die besonderen Beiträge von Loos, Peche, Kiesler, Löffler oder Nelly Marmorek, Franz Wacik, Arthur Bergler, Alois Zapletal, Stephanie Glax u. a.

Erschienen am: 28.08.2003

.


Mit unseren Suchseiten können Sie in der Zeitung und im Internet recherchieren. Nutzen Sie die Link-Sammlungen, um EDV-Unternehmen und Software zu finden.

.