SPIEGEL ONLINE - 31. Januar 2005, 17:31
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Kunstausstellung documenta
Publikumsnähe
statt Elitismus
Der Leiter der 12. documenta hat keine Lust auf
elitäre Nabelschau. Für die Auswahl der Künstler will Roger M. Buergel mit
Fachzeitungen zusammenarbeiten. Die Kasseler selbst sollen vorab mit
Extra-Veranstaltungen für den Kunstmarathon im Jahr 2007 fit gemacht werden.
![documenta-Chef Buergel: Die Kunst der Kooperation](00063351-Dateien/0,1020,431762,00.jpg) |
DPA
documenta-Chef Buergel: Die Kunst der
Kooperation |
Kassel - Peter M.
Buergel versteht sich nach eigenen Worten als Schöngeist. Doch auf exklusive
Kunstsinnigkeit will der in Wien lebende Deutsche bei der kommenden documenta in
Kassel verzichten. Für die 12. Ausgabe der internationen Kunstschau seien
gesellschaftliche Fragestellungen unverzichtbar, vertraute der ehemalige
Kunstkritiker vor rund einem Jahr nach seiner Ernennung zum documenta-Chef dem
Kunstmagazin "Art" an.
Dass es Buergel ernst meint mit mehr Transparenz
und Publikumsnähe, beweist nun seine Zusammenarbeit mit documenta-externen
Medien. Anders als seine Vorgänger, die Französin Catherine David (1997) und der
gebürtige Nigerianer Okwui Enwezor (2002) will Buergel die Auswahl der
documenta-Künstler nicht in kleinem Kreis vornehmen.
Wie der Kurator
heute in Kassel mitteilte, seien bereits 70 international renommierte
Kunstzeitschriften in die Vorbereitung mit einbezogen worden. Auf diese Weise
solle eine Diskussion der Hauptthemen der documenta in Gang kommen. Im Gegensatz
zum sonst üblichen Verfahren wolle man diesmal nicht einfach nur aus allen Ecken
der Welt die jeweils aktuelle Kunstszene ins Land holen. "Tatsächlich sehen 90
Prozent internationaler Großausstellungen so aus, aber das ist langweilig", so
Buergel gegenüber der dpa.
Als Vorausblick auf die vom 16. Juni bis zum
23. September 2007 geplante Schau sei außerdem eine documenta-Zeitschrift mit
drei Nummern im Frühjahr und Herbst 2006 sowie im Frühjahr 2007 geplant. Dabei
solle besonders auf den Ausstellungsort Kassel eingegangen werden. Als zentrale
Themen des Kunstmarathons seien die Moderne, die menschliche Existenz und die
Frage der Bildung im Gespräch. Einen weiteren Akzent wolle man mit Kunst aus
Osteuropa setzen.
Interaktion statt simpler Präsentation soll auch vor
Ort die Devise sein: Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Buergels
Lebensgefährtin Ruth Noack werde das Kasseler Publikum auf die oft
unverständliche Kunst vorbereiten. Dabei solle beispielsweise erklärt werden,
dass lokale Probleme wie Arbeitslosigkeit auch in der internationalen Kunst eine
Rolle spielten.
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