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04.05.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kritik Ausstellung: Was im Wald so lauert
Alois Mosbacher, einer der Protagonisten des Malereiwunders der Achtzigerjahre, meldet sich in der Secession mit "Out There" eindrucksvoll als Maler zurück.

E
s war still geworden um Alois Mos bacher. In den Achtzigern zählte der Steirer noch zum harten Kern der boomenden Neuen Wilden. Als der Markt sich dann gesund schrumpfte, musste auch bei Mosbacher irgendwann geradezu zwangsläufig der Faden des Erfolgs reißen. In den Neunzigern ließ die internationale Präsenz auffallend nach. Mosbacher fing sich das Image eines Seriellen ein, der Jahre damit verbrachte, Porträts von Hunden, Hühnern oder Pflanzen anzufertigen.

Jetzt sorgt er in der Secession für einen Knalleffekt. Stellt sein eigenes Klischee als postmoderner Tierbildner, das des Hauses als Kunsttempel, der die Künstler mit seiner klinischen Reinheit allemal herausfordert, schließlich auch das der zentralen Ausstellungshalle als dreischiffige Symmetriefalle radikal auf den Kopf. Und modelt letztere mit Hilfe eines lindgrün angestrichenen, bald spitz-, bald stumpfwinkelig verzweigten Stellwandsystems zum labyrinthischen Bilderparcours um, der, gespickt mit 80 Leinwänden und Zeichnungen in teils riesigen Ausmaßen, auch als Kulisse für einen imaginären Waldspaziergang taugt.

Mosbachers Zyklus thematisiert den Wald in all seinen Facetten: den neumodisch-politischen, den mystischen, märchenhaften, ökologischen. Da stolpert man gleich beim Eingang über ein in seiner biederen Rustikalität schon wieder ulkiges Rucksackbild. Wird von ein paar Textinschriften getröstet ("don't worry!"), auf den Weg geschickt ("The wrong way", "The right way") oder ins Dickicht: "Leave the main road".

Hüben blutet es grün aus einem Baum, drüben findet sich feinziseliert gemalter Sperrmüll auf einer Lichtung. Ein paar Jungs wandern mit Baseballkappen die Stellwände ab, jeder auf einer eigenen Tafel, alle in die gleiche Richtung blickend. Und im Eck hockt neben der romantischen Erscheinung einer vor Bäumen posierenden Braut eine gewisse "Akemi"; einen Wurzelstock hinter sich, streichelt sie - den Sweater über den Kopf gezogen - ihr Kaninchen.

In die vermeintliche Idylle eingestreut sind Bilder der Gewalt, teilweise in überdimensioniert schlanken, die Höhe der Stellwände überragenden Formaten. Hier herrscht Gothic! Einer schwingt ein Schwert, ein anderer baut sich als finsterer Kapuzenmann auf, ein dritter droht mit der Motorsäge. Und ein Fixelement der Schau sind rätselhafte Schlachtenbilder, die hinter den Ecken lauern. Sie zeigen erwachsene Männer in Holzfällerhemden, die wie Ritter bei einem Turnier durch den Wald hüpfen.

Mosbacher verrät wenig, arbeitet vielmehr mit dem utopistischen Potenzial des Waldes. Gelegentlich gibt es Hinweise auf Fantasy-Spiele, sonderliche Aussteiger fallen einem ein, wie der UNA-Bomber, und erinnern an einen neumodischen, im rechten Eck beheimateten Rückzug in die Wälder. In der Hauptsache aber lädt er zum freien Assoziieren ein. Spürbar ist, dass dem hier vermittelten Wald-Bild und seinen schillernden Facetten vor allem mediales Wissen zu Grunde liegt. Tatsächlich hatte Mosbacher für "Out There" mehrere Jahre lang recherchiert, Bilder gesammelt, fotografiert. Als Hauptinformationsquelle dienten ihm vor allem neue Medien, das gigantische, ungefilterte, mit Datenmüll überfrachtete Bilderpool des Internet, Computerspiele, Filme, Fernsehen.

Woran Mosbacher aber bei aller Vagheit der Erzählungen keinen Zweifel lässt, ist die enorme malerische Souveränität, mit der er diese Bilder bewältigt. Jahrzehntelanges malerisches Gespür trifft sich hier mit der Neugier eines Malers, der den Bildern der Zeit unablässig auf der Spur ist. Die Stille der späten Neunziger Jahre hat ihm sichtlich gut getan.

Bis 20. Juni. Di.-So. 10-18h, Do. 10-20h.

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